"Seelsorge" ist
kein geschützter Begriff.
Aktuell spüre ich das als
beauftragter Gefängnisseelsorger im Kontakt mit einer
freikirchlichen Gruppe, die in der JVA Plötzensee, in der ich tätig
bin, als externe Anbieter eine Gesprächsgruppe und Einzelgespräche
anbietet. Es führt unter Inhaftierten und Beamten augenscheinlich zu
Verwirrung, wenn nun weitere "Seelsorger" aus diesem Kreis
auftauchen, die allerdings nicht über ein Büro verfügen und auch
bezüglich des beauftragten Seelsorgern zugesicherten
Zeugnisverweigerungsrechts bzw. beim Seelsorgegeheimnis einen
schwierigeren Stand haben.
Nichtsdestotrotz können
sie sicher kompetente Seelsorgsarbeit leisten und Menschen in engeren
Kontakt mit Gott führen, mithin legitim "Seelsorger" im
christlichen Sinne sein.
Ich bin in diesem Fall
allerdings für eine umsichtige Aufklärung, damit keine
tiefergehenden Missverständnisse und Irritationen entstehen, wer nun
welchen Status als Seelsorger hat – mit allen damit jeweils
verbundenen Rechten und Pflichten.
Genauso geht es mir beim
Ehebegriff im Kontext der staatlicherseits ermöglichten "Ehe"
für alle. Auch hier halte ich die Begriffswahl nicht für hilfreich
und mit dem christlichen Ehebegriff selbstverständlich für nicht
vereinbar.
Allerdings gibt es auch
Situationen, in denen es gut ist, gerade keine vereindeutigenden
Festlegungen vorzunehmen. Vielmehr bin ich, besonders inspiriert
durch die Lektüre des (hier auch schon erwähnten) Buches "Die
Vereindeutigung der Welt" von Thomas Bauer, der Meinung,
dass Religion gerade als Ambiguitätspraxis einen besonderen
Wert hat.
Und das trotz meiner
eingangs formulierten Wunsch nach klärenden Definitionen. Auch auf
der Metaebene findet sich also keine einfache Eindeutigkeit, sondern
Ambiguität!
Das halte ich nicht für
einen Widerspruch, sondern um das Offenhalten von Möglichkeiten und
die Freiheit des Eingehens auf konkrete Sachverhalte.