Zum Fest des heiligen
Josef möchte ich kurz zwei unterschiedliche Antworten zu oben
genannter Frage referieren. Zwei Antworten, die interessanterweise
von ein und dem selben Autor stammen, allerdings liegen zwischen
ihnen 44 Jahre.
Dienstag, 19. März 2019
Samstag, 16. März 2019
"Schaut die verklärte Leibsgestalt." Ostern in Sicht und Abstieg ins Tal
1. Ostern in Sicht
"Der Leib ist
klar, klar wie Kristall, Rubinen gleich die Wunden all,
die Seel durchstrahlt
ihn licht und rein wie tausendfacher Sonnenschein"
"Bedeck, o Mensch,
dein Augenlicht! Vor dieser Sonn besteht es nicht."
Es ist ein Osterlied, das
mir angesichts des Sonntagsevangeliums
in den Sinn kam. Denn dort heißt es außerdem gleich zu Beginn in
der ersten Strophe:
"Kommt, kommt, ihr
Christen jung und alt, schaut die verklärte Leibsgestalt!"1
Während im Evangelium die
Rede war vom Aufstieg Jesu auf den Berg und von seiner dortigen
Verklärung vor den drei mit hinaufgegangenen Jüngern, singt das
Lied vom auferstandenen Jesus.
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Sonntag, 10. März 2019
Meine Versuchungen im Gottesdienst. Gedanken zum Evangelium am Ersten Fastensonntag
Wenn Jesus im
Evangelium
des heutigen ersten Fastensonntags auf die Probe gestellt wird, dann
frage ich mich, was diese Versuchungen für mich bedeuten.
(Leider
gab es traditionell keine Auslegung dieses Textes durch den
Gemeindepfarrer – aber dafür den in diesem Jahr äußerst hörens-
und lesenswerten Fastenhirtenbrief
von Erzbischof Koch. Ich kann ihn an dieser Stelle nur empfehlen und
betonen, wer ihn liest und bisweilen auch in diesen Blog
hineinschaut, kann dort viele Gedanken entdecken, die hier auch
auftauchen: Ambivalenzen aushalten, Vielfalt würdigen, Aufmerksam
durch den Alltag gehen...)
Besonders wenn ich selbst
einen Gottesdienst gestalte, gibt es eine Reihe von Versuchungen,
denen ich standzuhalten habe.
"Befiehl
diesem Stein, zu Brot zu werden" (Lk 4,3),
beginnt der Teufel bei Jesus.
Auch meine Versuchung ist
oft genug, zu glauben, dass ich durch meine eigenen Kräfte und
Möglichkeiten die Gottesdienstbesucher satt machen könnte.
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Dienstag, 5. März 2019
Um Vergebung bitten - Predigt an Aschermittwoch
Ein wichtiges Thema der beginnenden
Fastenzeit ist der Aufruf zur Umkehr.
Dort, wo ich falsch gegangen bin, dort,
wo ich meinen Nächsten verletzt habe, dort, wo ich Schuld auf mich
geladen habe, dort bin ich aufgefordert, umzukehren.
Oft genug gehört dazu, um Vergebung zu
bitten.
Aber es müssen mehrere Hindernisse
bewältigt werden, wenn ich diese Bitte aussprechen will:
1. Oft genug versuche ich als
erstes, mich zu entschuldigen.
Hinauf! Ins Licht! Wilmersdorf, Berlin, 2018. |
Doch ich kann mir meine Schuld nicht
selbst wegnehmen – was "mich entschuldigen" ja genau
genommen heißt.
Vielmehr bitte ich die Person, an der
ich schuldig geworden bin, darum mir zu verzeihen.
Das kostet enorme Überwindung - und
führt damit zum zweiten Hindernis.
2. Oft genug schaffe ich es nicht,
um Vergebung zu bitten.
Ich selbst kenne das, wenn die
Situation einfach noch zu aufgeheizt ist und der Andere maulend
rausgeht oder mit der Tür knallt, so dass ich jetzt erst recht keine
Lust mehr habe, meinen Teil der Schuld einzugestehen. Dann muss ich
erst einmal tief durchatmen und emotional runterkommen.
Besonders anstrengend finde ich das im
Straßenverkehr, wo die Einsicht, selbst etwas falsch gemacht zu
haben, gerade in einer Stadt wie Berlin nur selten vorhanden ist.
In solchen Situationen rege ich mich
besonders schnell auf und werde auch aggressiv, aber bevor sich die
Sache entspannen kann, ist die Person auch schon wieder weg.
Das korrespondiert mit einem weiteren
Hindernis:
3. Oft genug gibt es gar keine
Instanz, bei der ich Vergebung finden kann.
Im Straßenverkehr (und auch sonst
manchmal) ist die Person, an der ich schuldig geworden bin, schon
wieder fort.
Auch bei manch anderer Art von Schuld,
wie zu hoher Alkoholkonsum oder Steuerhinterziehung, haben keinen
direkten Adressaten, der dies verzeihen kann.
Doch dieses Hindernis geht noch tiefer:
Wohin wendet sich ein Mensch, der an keine göttliche Instanz über
sich glaubt, wenn er mit Schuld und Vorwürfen seines Gewissens zu
kämpfen hat? Wo findet er Vergebung?
Manche Menschen, die für eine Straftat
verurteilt wurden, gehen davon aus, dass die Vollstreckung eines
Urteils dafür sorgt, dass sie anschließend "ent-schuldigt"
aus dem Gefängnis gehen. Im juristischen Sinne mag das auch stimmen.
Allerdings ist es zwar die Aufgabe der Justiz, Verbrechen zu ahnden,
und demzufolge sitzen viele Verurteilte im Knast dann ihre Strafe ab,
aber der Freiheitsentzug schenkt keine Vergebung – höchstens das
Gefühl, nun lang genug gesessen zu haben.
Wenn sich jemand also mit seiner
Schuld, sei sie nun strafrechtlich relevant oder nicht,
auseinandersetzt, dann wird er (oder sie) irgendwann an den Punkt
kommen, dass bei allen Relativierungen, bei aller Schuld der
Gegenseite, bei allen zwecklosen Versuchen, Vergebung zu erlangen,
irgendwann die Frage im Raum steht, wie man dieses Geschenk der
Vergebung denn nun bekommen kann.
Für nicht wenige wird dies zu einer
existenziellen Frage: Wer vergibt mir all den Mist, den ich in meinem
Leben falsch gemacht habe? Wie finde ich die innere Freiheit wieder,
die Vergebung mir schenken kann?
Garben, stehend. Neuendorf, Hiddensee, 2018. |
4. Ein barmherziger Vater
Wenn wir uns die Geschichte vom
verlorenen Sohn anschauen (Lk 15,11-32), die Jesus im Lukasevangelium
erzählt, dann hören wir von einem Draufgänger, der sich mit seinem
Erbe davonmacht und den Vater sitzen lässt. Das Geld, das ihm
eigentlich erst nach dem Tod des Alten zusteht, zieht der Junge ihm
aus der Tasche, während er noch am Leben ist und es selbst benötigt.
Für den Sohn ist der Vater nichts mehr wert, er braucht ihn nicht
mehr, jetzt, wo er das Geld hat.
So mit Geld und Schuld beladen, geht er
von dannen und macht sich ein schönes Leben. Als dieses mangels Geld
endet, steht er allein da. Er versucht noch kurz, mit Arbeit über
die Runden zu kommen, aber merkt schnell, dass er dort nicht
weiterkommt.
Nun kommt die entscheidende Stelle
(v18f): Der Sohn im Gleichnis weiß, wohin er gehen kann, um
Vergebung zu erbitten!
"Ich
will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater,
ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt. Ich bin
nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner
Tagelöhner!" (Lk 15,18f.)
Obwohl er seinen Vater so furchtbar
behandelt hat, ist die innere Verbindung zu ihm noch nicht ganz
abgerissen und er will um Verzeihung bitten.
Obwohl der Vater nicht anwesend ist,
macht er sich Gedanken – und schließlich auf den Weg.
Obwohl er dem Vater gesagt hat, dass
der für ihn schon nicht mehr existiert – wagt er es dennoch.
Der Sohn macht also das, was Fastenzeit
will: Er kehrt um. Außerdem will er sich vor seinem Vater
erniedrigen, weil ihm klar wird, wie furchtbar sein Verhalten war.
Aber er weiß nicht, was wir schon
wissen:
Es erwartet ihn ein Vater, der ihn in
die Arme nimmt. Der nicht straft. Nicht schimpft. Nicht Genugtuung
und Sühne und Erniedrigung will.
Sondern sich einfach freut, dass der
Verlorene zurückkehrt.
Das ist toll. Denn dieses Gottesbild kann sehr befreiend sein.
5. Und wir
Unser Problem ist nur:
Wir erwarten schon die Vergebung vom
"lieben Gott". Wir rechnen heimlich schon mit einem Gott, der uns vergibt.
Nicht wie der Sohn, der sich noch voll Angst
und Zittern auf dem Weg machte.
Wir glauben, dass der liebe Gott schon
kommen wird, wenn es ihm so wichtig ist. Dass er uns schon aus der
Scheiße ziehen wird, in die wir uns noch einmal extra reinsetzen.
Und tatsächlich hat er das in Jesus
getan. Hat sich auf den Weg gemacht, um uns zu suchen.
Aber wozu braucht es dann noch unsere
Umkehr?
Umkehr kann dann nur noch bedeuten,
dass wir uns nicht mehr verstecken vor ihm.
Dass wir unsere Schuld anerkennen. Dass
wir sie loswerden wollen.
Dasss wir ihm unser stolzes, unser
ärgerliches, unser liebloses und unser neidisches Herz hinhalten.
Und ihn bitten: Vergib mir.
Dann kann er uns befreien und heilen. Uns Auferstehung schenken.
Neuer Aufgang. Kirchmöser, 2017. |
Samstag, 2. März 2019
Faule Früchtchen, Bratenfett und gefüllte Herzen. Eine Büttenpredigt
Drei Sachen möcht‘ ich sagen heut‘
zu diesen Bibelsprüchen.
Denn ihr sitzt hier, ihr lieben Leut'
und könnt mir nicht entwischen.
Ihr merkt schon, ich will reimen,
denn es ist Faschingszeit.
Kein Knackie soll jetzt weinen:
Ich hoff‘, es macht euch Freud‘.
Eins (vgl. Lk 6,41-42)
Ein Splitter und ein Balken,
die treffen sich im Hof.
Sie sagen zueinander:
Mein Gott, was bist du doof.
Donnerstag, 21. Februar 2019
Splitter zur Feindesliebe. Mit Adornos Hilfe
Im Nachdenken über das Evangelium des
kommenden Sonntags wird mir mulmig, wenn ich mir dazu das
gleichzeitig stattfindende kirchliche Ereignis in Rom vor Augen
halte: Während Jesus im Evangelium von Feindesliebe spricht,
diskutieren die Bischöfe in Rom über den sexuellen Missbrauch durch
kirchliche Amtsträger.
Missbrauch und Feindesliebe in einem
Satz – das ist vermintes Gelände.
Denn zu schnell entsteht der Eindruck,
dass über die kirchlichen Missbrauchstäter wieder einmal der Mantel
des barmherzigen Schweigens und Vergessens gelegt werden soll. Die
"Feinde", das wären in dieser Assoziationskette all die
Täter, Vertuscher, schweigenden Mitwisser.
Auch sie müssten doch geliebt werden,
darum wäre ihnen zu verzeihen.
Doch bei der Feindesliebe geht es nicht
um Barmherzigkeit. Auch Schuld und Antipathie werden nicht negiert,
Gegnerschaft und Unterschiedlichkeit nicht wegretuschiert. Ein
Gewalttäter wird unter dem Blick der Liebe nicht plötzlich zum
unschuldigen Lamm.
Samstag, 16. Februar 2019
Nichts für Mittelschichtschristen. Eine Auslegung zum Sonntagsevangelium
Sind wir gemeint, wenn das Evangelium
vorgelesen wird?
Es ist möglich, mit
etwas geistlichem Balsam viele Aussagen der Heiligen Schriften für
uns Heutige fruchtbar zu machen. Aber wenn wir uns fragen, zu wem
Jesus (jedenfalls im heutigen
Evangelienabschnitt) wirklich spricht, dann müssen wir uns
eingestehen, dass wir es nicht sind.
Und das nicht deshalb, weil Zeit und
Raum und Kultur uns trennen, sondern weil Jesus Menschen in einer
komplett anderen existenziellen Lage anspricht.
Die Frohe Botschaft dieses Predigers
aus Nazareth, seine Seligpreisungen, richten sich an die Abgehängten, Überrollten,
Marginalisierten, Randständigen, Geängstigten, Hungrigen.
Donnerstag, 14. Februar 2019
Bekehrung? "Der Widersacher" von Emmanuel Carrère und die Rolle des Gefängnisseelsorgers
Der Gefängnisseelsorger habe ihm sehr
geholfen, "zur Wahrheit zurückzukehren. Doch die
Wirklichkeit ist so grauenhaft und unerträglich, dass ich befürchte,
mich aufs Neue in eine imaginäre Welt zu flüchten".1
In seinem Roman "Der
Widersacher" erzählt Emmanuel Carrère sein Ringen mit der
Geschichte von Jean-Paul Ramond, einem Mann, der 18 Jahre lang sein
engstes familiäres Umfeld über seine beruflichen und finanziellen
Verhältnisse belogen hat. Kurz bevor alles aufgeflogen wäre, tötete
er seine Frau, seine Kinder und seine Eltern.
Freitag, 8. Februar 2019
Welche Berufungen wünscht sich die Kirche? Kritik an den Sonntagslesungen
Dieser Sonntag präsentiert uns drei
Texte zum Thema Berufung.
Da ist einmal der mit einer gigantischen Vision begnadete Jesaja, der die Frage hört, wer mit der göttlichen Botschaft gesandt werden solle und trotz seiner eingestandenen Unwürdigkeit bereitwillig antwortet: „Hier bin ich, sende mich.“ (Jes 6,8)
Augenscheinlich spricht hier ein besonders Eifriger.
Ähnlich tritt Paulus auf, der in der zweiten Lesung aus dem Ersten Korintherbrief jedoch betont, dass er der Letzte der Apostel und alles nur „durch Gottes Gnade“ sei, denn dessen „gnädiges Handeln an mir ist nicht ohne Wirkung geblieben.“ (1 Kor 15,10)
Trotz seines Eifers scheint Paulus die entscheidende Wirkkraft also bei Gott zu sehen.
Da ist einmal der mit einer gigantischen Vision begnadete Jesaja, der die Frage hört, wer mit der göttlichen Botschaft gesandt werden solle und trotz seiner eingestandenen Unwürdigkeit bereitwillig antwortet: „Hier bin ich, sende mich.“ (Jes 6,8)
Augenscheinlich spricht hier ein besonders Eifriger.
Ähnlich tritt Paulus auf, der in der zweiten Lesung aus dem Ersten Korintherbrief jedoch betont, dass er der Letzte der Apostel und alles nur „durch Gottes Gnade“ sei, denn dessen „gnädiges Handeln an mir ist nicht ohne Wirkung geblieben.“ (1 Kor 15,10)
Trotz seines Eifers scheint Paulus die entscheidende Wirkkraft also bei Gott zu sehen.
Dienstag, 5. Februar 2019
Pedro Arrupe – Prophet einer „Gesellschaft der Genügsamkeit"
Heute wird in Rom
der Seligsprechungsprozess
von Pedro Arrupe eröffnet.
Neben vielen
innerkirchlichen Themensetzungen hat er schon vor vierzig Jahren er
den Finger in jene Wunden gelegt, die uns heute besonders schmerzen.
Ich beziehe mich im Folgenden auf einen Vortrag, der am 21.11.1977 in
Montreal1
gehalten wurde:
Der Raubbau an den Gütern
der Erde und die ungleiche Verteilung von Lasten und Erträgen ist
ein anhaltender Skandal. Arrupe legt Wert darauf, dass dieser Skandal
Ausdruck einer Kultur ist, die den Menschen zum "homo
consumens" degradiert. Für diesen sind Profitmaximierung
und Effizienz die entscheidenden Maßstäbe, sogar die Beziehungen
sind dem Nützlichkeitsdenken untergeordnet. Darunter leiden in
besonderer Weise die Armen und die Natur.
Der Ordensmann resümiert
im Anschluss an seine Problemanzeige grundsätzlich:
"Nach all dem
scheint es klar, daß Genügsamkeit oder ein eingeschränkter
Lebensstil für das materielle und soziale Überleben der Menschen
unbedingt notwendig sind."
Da fehlt doch was!? Neukölln, Berlin, 2019. |
Arrupe empfiehlt deshalb
eine "Gesellschaft der Genügsamkeit", in der die
Menschen "sich nicht mehr nach Besitz, sondern nach mehr
Leben" sehnen.
Allerdings weiß er um die
Stolpersteine:
"Jeder gibt die
Notwendigkeit von wirkungsvollen Schritten zu. Das kann nicht ohne
große Opfer geschehen, aber wer ist bereit, sie zu bringen? Niemand
unternimmt etwas, weil niemand eine genügend starke und überzeugende
Motivation für die Art von Opfern hat, die ein genügsameres Leben
erfordert. Der Arme sagt: 'Laß den Reichen beginnen; ich lebe schon
genügsam genug!' Der Reiche fragt: 'Warum soll ich aufgeben, was ich
mir rechtmäßig erworben habe? Es wird niemandem nutzen, wenn andere
nicht genauso handeln. Sollen sie anfangen, dann werden wir ja
sehen!' Und auf diese Weise unternimmt niemand etwas."
Einen ähnlichen Eindruck
kann man auf den einschlägigen Konferenzen gewinnen und die
Frustration darüber bewegt (nicht nur) junge Menschen wie die
Schwedin Greta Thunberg und Tausende Schülerinnen und Schüler
weltweit ("friday for future").
Denn das Dilemma ist
natürlich allbekannt: Warum soll gerade ich auf meinen Urlaub im
Süden verzichten? Muss denn alles gleich mit Verzicht zu tun haben?
Eine ganze Industrie ist
damit beschäftigt, uns Konsumenten das Umweltgewissen ruhigzustellen
und die persönlichen Kosten erträglich zu halten. Und einen
Lebensstil pflegen, der gesellschaftlich möglichst anerkannt ist. Damit es nur ja nicht zu sehr weh tut und sich wie
Verzicht oder Entbehrung anfühlt.
Hier ist Widerstand geboten. Denn wir werden nicht
drumherum kommen. In den Siebzigern sprach Arrupe zu Ordensleuten,
aber die Botschaft, um die es damals wie heute geht, betrifft auch
uns und bleibt ein Stein des Anstoßes:
"Wir sollten auf
viele Dinge, die uns notwendig erscheinen, verzichten."
Eigentlich ist es so
einfach wie einleuchtend. Allein, die Umsetzung...!
Dabei folgt diese
Aufforderung einer Logik, für die weder Religion noch Weltanschauung
vonnöten sind, es ist einfach der Menschenverstand, der Genügsamkeit
gebietet.
Das Christentum bietet
jedoch eine naheliegende Motivation – statt als "homo
consumens" zu leben, sind die Gläubigen aufgerufen, in den
Spuren Jesu zu "homines servientes" zu werden, zu
dienenden Menschen, die in ihrem Leben glaubwürdig die "Bekehrung
zur Genügsamkeit" vorleben.
Und diese Bekehrung haben
wir alle nötig.
Ich bin Pedro Arrupe sehr
dankbar für diese hochaktuellen Gedanken.
Was brauche ich davon wirklich? Holz im Hinterhof, Treptow, Berlin, 2016. |
1 Über
die Aufgabe der Orden in der modernen Konsumgesellschaft. Aus dem
Vortrag zur Eröffnung des Dritten Interamerikanischen Kongresses
für Ordensleute. In: P. Arrupe, Unser Zeugnis muss glaubwürdig
sein. Ein Jesuit zu den Probleme von Kirche und Welt am Ende dees
20. Jahrhunderts. Ostfildern 1981, 143-156.
Samstag, 2. Februar 2019
Deine Zukunft gehört dir nicht! Visionen an Darstellung des Herrn
Das Evangelium
am Fest der „Darstellung des Herrn" hat eine doppelte Botschaft:
Es sagt nämlich, dass unser Leben
eigentlich Gott gehört – aber auch, dass er uns mit einer vollen
Zukunft beschenken will. Gott erhebt Anspruch auf unser Leben – und
zugleich gibt er uns das Versprechen, dass er eine wunderbare Vision
dafür hat.
1. Erläuterung zum jüdischen
Hintergrund1
Wenn die Eltern Jesu etwas mehr als
einen Monat nach seiner Geburt in den Tempel kommen, um ihren Sohn
vor Gott hinzubringen („darzustellen", wie es im Namen des Festes
heißt), dann erfüllen sie damit zwei Gebote, die in der Torah zu
finden sind.
Das ist sperrige Kost, die ich hier gern nur kurz erläutern und stehen lassen möchte:
Im Tempel. Propsteikirche, Leipzig, 2018. |
Zum einen geht das Denken jener Zeit
davon aus, dass eine Frau sich nach der Geburt rituell reinigen, das
heißt in einen Zustand versetzen muss, in dem sie vor Gott hintreten
kann. Für diese Wiedereingliederung in das religiöse Leben bringt
sie im Tempel eine Gabe dar (vgl. Lev 12,1-8).
Das zweite mit dem Besuch erfüllte Gebot besagt, dass der
Erstgeborene bei Gott „ausgelöst", also sozusagen umgetauscht
werden muss. Dahinter wiederum steht der Gedanke, dass jede männliche
Erstgeburt Gott gehört.
Dieser Anspruch Gottes auf das erste
Kind zweier Menschen geht nach der biblischen Überlieferung zurück
auf die Verschonung der Erstgeborenen der Juden beim Auszug aus
Ägypten (im Gegensatz zu den Erstgeborenen der Ägypter). Während
die einen (die Juden) gerettet wurden, mussten die anderen (die
Ägypter) sterben (Ex 13,12-15).
Diese historische Bevorzugung soll nun gewissermaßen von den einzelnen Gläubigen wieder aufgeholt werden.
Abgesehen von den Hinweisen auf die
Exodus-Geschichte stecken aber auch noch grundsätzlichere Hinweise
im Text:
Der Evangelist betont außerdem die
Gesetzestreue der Eltern Jesu, die sich ganz in der Frömmigkeit
ihrer Religion bewegen, die ja nicht die Religion der ersten
Leserschaft ist. So zeigt er Kontinuität und Differenz zur Religion Israels auf.
Dazu kommt, dass im Hereinbringen des
Kindes in den Tempel die Zugehörigkeit Jesu zu Gott besonders
herausgestellt wird – bemerkenswert ist, dass dies eigentlich für
alle gilt, der Evangelist (der den Tempel vermutlich nicht mehr
gekannt hat) stellt Jesu Verbindung zu seinem im Tempel verehrten
Vater jedoch noch einmal besonders heraus, wenn er betont, dass sie
das Kind brachten, "um es dem Herrn zu weihen."
(v22)
Ein weiteres Motiv taucht auf, nämlich
dass Kinder, und zwar alle Kinder, als eine Gottesgabe angesehen
werden.
Die Eltern kommen zu Gott und bitten
ihn mit dem Opfer gewissermaßen noch einmal um ihr Kind, das sie
doch schon haben – das zeigt, dass Kinder nicht ihren Eltern
gehören. Sie sind, trotz aller Abhängigkeit von den Eltern und
trotz der engen Blutsbande, freie Wesen und stehen nicht nur als
Kinder von irgendwem, sondern direkt als sie selbst vor Gott.
Das betont die individuelle Freiheit jeder Person vor Gott.
2. Die Zukunft vorhersagen
Der greise Simeon sagt Jesus etwas
Großes voraus. Seit Jahren wartet er darauf, den Erlöser zu sehen
und nun wird dieser Wunsch ihm erfüllt. Er sagt vom Kind, dass es
das Heil und das Licht der Heiden sei, dass es Herrlichkeit für
Israel bedeute (vgl. v31.32) und dass es die Verhältnisse umkehren
werde: viele sollen "durch ihn zu Fall kommen und viele
aufgerichtet werden". (v34)
Aber dieses Vorhersagen ist zutiefst zwiespältig:
Auch in der Situation der Haft gibt es
immer wieder Leute, die Ihnen sagen, wo es für Sie -
höchstwahrscheinlich – hingeht. Jedes Mal, wenn der Plan für den
weiteren Verlauf des Vollzugs geschrieben wird, muss eine Diagnose
erstellt werden. Dann entscheidet irgendwer, dass Sie jetzt bereit
sind, stundenweise frei hinauszugehen – oder dass es eben noch
nicht so weit ist.
Oder es geht gar darum, dass eine Verlegung in den
Offenen Vollzug ansteht – auch hier muss jemand sagen:
„Ja, er wird es unter den Bedingungen größerer Freiheit
schaffen." Oder: „Nein, das kann er nicht."
Was die Zukunft bringt. Werbetafeln am S-Bahnhof Sonnenallee, Berlin, 2018. |
Wir alle wissen, dass Vorhersagen über
das Leben eines Menschen unmöglich sind. Alle, die das trotzdem tun
müssen, tun es (hoffentlich) im Wissen um ihre eigene Beschränktheit bezüglich
solcher Aussagen.
Simeon scheint sich jedoch sehr sicher
zu sein, ihm wird vom Evangelisten jedenfalls bescheinigt, dass der Geist ihn
in den Tempel geführt habe (vgl. v27).
Als Erwachsener fragen Sie sich
natürlich, ob sich das, was andere da über Sie sagen, auch mit dem
deckt, was Sie selbst in sich sehen. Im positiven Fall, wenn
Ihnen etwas zugetraut wird, ist das wahrscheinlich eher so.
Man muss ja ehrlicherweise sagen: Wenige
Leute möchten gern über sich hören, dass sie zu bestimmten Dingen,
die sie tun sollen, nicht in der Lage sind. Mir scheint oft, dass nur
selten jemand ausspricht (um im Kontext Haft zu bleiben): Ja, Sie
haben recht, es stimmt, für den Offenen Vollzug bin ich doch gar
nicht bereit.
Das Schöne ist nun, dass es eine
Perspektive gibt, die noch unendlich viel weiter geht als die
Perspektive eines Sozialarbeiters oder einer Sozialarbeiterin. Es ist
die Perspektive Gottes.
Denn Gott hat Großes mit Ihnen vor!
Nicht nur mit einigen Wenigen, sondern mit jedem, der hier sitzt.
Gott sieht in Ihnen etwas äußerst
Wichtiges und er möchte eine Zukunft für Sie, die Sie erfüllt und
zum Heil führt. Und er will Sie zum Heil machen, auch für
jene, die nicht zum auserwählten Volk gehören.
Sie können ein
Licht sein!
Sie können Herrlichkeit für einen Menschen sein!
Sie
können Menschen retten!
Und seien Sie beruhigt: Auch für
Jesus war das nicht leicht.
Gott verspricht uns kein Leben ohne Leiden, wenn
er uns eine große Zukunft und eine Leben in Fülle verheißt.
Wenn jemand für seinen Glauben
eintritt, Gottes Liebe zu allen verkündet und danach lebt, dann wird
oft genug genau das passieren, was von Jesus gesagt wurde: "er
wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird." (v34)
Aber darauf muss man sich einlassen. Oder sich ehrlich entscheiden, dass das nichts ist. Sie dürfen sich aber sicher sein: Gott traut es Ihnen zu, er will Sie dabei sogar unterstützen. Allerdings macht er nichts aus Ihnen, wenn Sie nicht mitmachen. Auch Jesus hat
sich auf den Weg seines göttlichen Vaters gemacht und ist nicht sein
Leben lang der Zimmermann geblieben, der er hätte sein können.
Denn dieser Weg verändert eine Person.
Auch dafür muss man bereit sein. Wenn Sie Ihr Leben in die Spur
Gottes stellen, dann gehört Ihnen Ihre Zukunft nicht mehr.
Dann lassen Sie sich darauf ein, dass
Gott Sie und die Zukunft Ihres Lebens verwandelt.
Das aber fordert Mut, Geduld und das tiefe Vertrauen
darauf, dass Gottes Plan für Sie wirklich gut ist.
Wenn Sie das probieren wollen, dann ist
der erste Schritt, dass Sie darauf hören, was Gott eigentlich mit
Ihnen ganz konkret vorhat – mit Ihren Erfahrungen, Ihrer
Lebensgeschichte, Ihren Talenten, Ihren Schwächen, Ihren Wünschen.
Fragen Sie ihn ruhig: Gott, was willst
Du von mir? Welche Zukunft siehst Du für mich?
(Manchmal kann auch die Perspektive der Sozialarbeiterin bei der Beantwortung dieser Fragen helfen!)
3. Das Leiden der Eltern
Ein kurzes Wort noch zu Jesu Eltern:
Von Maria wird noch gesagt, dass ihr ein Schwert durchs Herz fahren
werde (vgl. v35).
Das ist ein bekanntes Thema: Besonders
die Mütter haben es schwer mit ihren Kindern und sie leiden
besonders daran, wenn ihre Söhne Wege gehen, die nicht mit den
Erwartungen übereinstimmen…
Sicher geht oder ging es Ihren Müttern
nicht viel besser als der Mutter Jesu.
Manchmal sind die Situationen dann auch
schon so festgefahren, dass weitere Erklärungen oder Beteuerungen
nichts bringen.
Dann – und auch sonst – ist es eine
gute Möglichkeit, für die eigenen Eltern zu beten.
Mit Dank. Um Kraft und gelassene und
friedvolle Gedanken, wenn es um die eigenen Kinder geht.
4. Schluss
Lassen Sie sich ein auf den Weg, den
Gott mit Ihnen gehen will!
Seien Sie ein Zeichen, dem
widersprochen wird – aber ein Zeichen im Geiste Gottes!
Fragen Sie Gott, was Er von Ihnen will!
Wohin soll es gehen, Gott? Im Wald bei Grünheide, 2018. |
1 Vgl.
zum Folgenden die Hinweise unter
http://www.perikopen.de/Gedenktage/2Feb_Darstellung_Lk2_22-40_Dorn.pdf.
Samstag, 26. Januar 2019
Gott nicht loben! Eine Anklage aus Elie Wiesels "Die Nacht"
Wo war Gott in Auschwitz?
Warum hat er zugelassen, dass sein auserwähltes Volk millionenfach
ermordet wird?
Fragen nach der
Rechtfertigung Gottes beschäftigen jüdische und christliche
Theologen seit langem, ohne dass sie sich letztgültig beantworten
lassen.1
Der Holocaustüberlebende
Elie Wiesel, der 2016 im Alter von 87 Jahren gestorben ist, hat in
seiner frühen Erinnerungserzählung "Die Nacht" den
Zorn eines gläubigen Juden am Neujahrsfest Rosch Haschana
festgehalten. Die Häftlinge versammelten sich auf dem Lagergelände
von Auschwitz zum Gebet:
Mittwoch, 23. Januar 2019
Sabbat: Heilung und Ablehnung
Der Sabbat, für Christen der Sonntag,
hat die Funktion, Ruhe zu ermöglichen. So können Menschen Kraft
sammeln, sie haben Zeit für Außergewöhnliches oder können einfach
eine Pause machen. Diesen Sinn einer Unterbrechung des Alltags gibt
es auch jenseits einer religiösen Begründung.
Religiös betrachtet kann der Sabbat
Zeit für eine Begegnung mit Gott schaffen.
Heilung nötig. San Gimignano, 2018. |
Wenn Jesus im heutigen Evangelium
(Mk 3,1-6) am Sabbat einen Mann heilt, dann liegt sein Fokus jedoch nicht
auf der Pause an sich, sondern auf der Ermöglichung heilsamer Begegnung durch diese Pause.
Er macht aus der freien Zeit eine Zeit
der Heilung.
Denn das ist es, was Gott will: dass
wir heil werden. Auch wir können in den Unterbrechungen und Pausen,
vielleicht auch in der leeren Zeit der Haft und noch mehr hier im
Krankenhaus eine Begegnung machen, die heilsam wirkt.
Denn von Gott geht Kraft aus, die in
der Liebe stark ist.
Dort,
wo wertschätzende Begegnungen
stattfinden,
wo Vergebung möglich ist,
wo grundlos geschenkt und geteilt wird,
wo gegen alle Hoffnung gehofft wird,
wo nicht der eigene Nutzen im
Vordergrund steht,
wo Gebrechlichkeit und Schlechtigkeit
nicht einfach aussortiert werden,
wo jemand aufbricht und aus sich
herausgeht
– dort kann Gott eintreten.
Dann ist unser Alltag wie die Synagoge,
in die Jesus kommt und heilen kann.
Machen wir solche eben genannten
Erlebnisse (oder noch andere in der Art), dann müssen wir ihm unsere
Heilungsbedürftigkeit nur noch hinhalten.
Aber nicht für alle steht dieser
Aspekt des Sabbats im Vordergrund.
Die im Text genannten "Pharisäer"
und "Anhänger des Herodes" (Mk 3,6) stehen, wie
auch viele Juden heute noch, für die strikte Pause ein. Und auch das
ist eine legitime Sicht, die den Sabbat über Jahrhunderte bewahrt
hat.
Keine Arbeit, kein langer Weg, kein
Feuer im Herd.
Nur Notfälle zählen gerade noch als
erlaubte Handlung.
Doch in der Geschichte entsteht dadurch
bei den Anwesenden das Problem, dass ihr Herz dabei stehenbleibt: es
sieht nicht Gottes liebevolle Zuwendung und Jesu heilende Nähe, es
sieht nur die Grenzüberschreitung. Da tut jemand etwas, als eigentlich nichts getan werden darf. Mehr sehen sie nicht. Diese Verstocktheit macht Jesus
zornig.
Aber der Zorn hilft, wie so oft,
nichts.
Denn durch die verstockte Verengung des
Blicks kommt es zur radikalsten Ablehnung: Sie wollen Jesus
umbringen.
Jesus rührt nicht am Glauben an den
einen Gott. Aber immerhin am Dritten Gebot des Dekalogs. Das ist
nicht nichts, auch wenn uns das vielleicht so vorkommen mag.
Und dafür gehen sie sogar in den
Konflikt mit dem Fünften Gebot, in dem ja der Mord verboten wird. Es
scheint, dass religiöse Kategorien hier gar keine Rolle mehr
spielen, sondern dass in sinnloser Wut über Jesu Regelübertretung
das größtmögliche Geschütz aufgefahren wird.
Doch Jesus nimmt das auf sich, um
weiterhin seinen Weg unbeirrt zu gehen.
Trotz seines Zorns über die
Verstocktheit gibt er nicht auf und verkündet einen Gott, der
Heilung bringt, der Vergebung ermöglicht, der Leben rettet (vgl.
v4).
Für diese Botschaft geht er bis ins
Äußerste: Nicht im kalkulierten Niederreißen aller Regeln und
Gesetze des Volkes Israel, wohl aber in seiner Bereitschaft, für
seine Botschaft bis in den Tod zu gehen.
Denn für Jesus ist heilsame Begegnung
nötig. Die Zeit der Heilung beginnt sofort. Eines Menschen Rettung
kann keinen Aufschub vertragen.
Für diese Überzeugung scheut Jesus
keinen Konflikt.
Steiler Aufstieg. San Gimignano, 2018. |
Freitag, 18. Januar 2019
Reflexionen aus dem belanglosen Leben im Anschluss an die Hochzeit in Kana
Die Geschichte von der
Hochzeit in Kana (Joh 2,1-10), bei der Jesus Wasser zu Wein wandelt,
wird oft gedeutet als ein Zeugnis von Jesu Kraft, aus dem normalen
Alltagsbestand (das zum Waschen, Trinken, Reinigen bestimmte Wasser)
einen Genuss (der tolle Wein) zu machen.
Seit ich mich vor diesem
Sonntag mit dem Text auseinandersetze, frage ich mich, ob ich dazu
etwas schreiben kann.
Denn seit der Rückkehr
aus dem Silvesterurlaub trudeln die Tage nur so an mir vorbei, ohne
dass ich einen klaren Gedanken finden kann. Also auch keinen klaren
dazu!?
Leere Rahmen - Bilder wie immer irgendwie dazu. Rudow, Berlin, 2018. |
Verstärkt wird dieses
Gefühl, nichts zu sagen zu haben, durch die eher grundsätzlich
Frage, ob ich in diesem Blog noch etwas schreiben will. Religiöse
Themen muss ich gerade eher mit Gewalt an mich heranziehen,
literarische Entdeckungen mache ich in den gerade gelesenen Büchern
auch nicht wirklich.
Und überhaupt – wie
bisher aus jedem biblischen Text eine Weisheit an den Haaren ziehen,
das ist mir selbst ein bisschen suspekt, und doch weiß ich keine
andere Art zu schreiben, keine andere zu denken vielleicht.
Im Endeffekt ist die
Stimmung diesbezüglich: Lustlos, ausgelaugt, resigniert. Der Wein ist alle.
Beste Voraussetzungen
also, um nach der Verwandlung Ausschau zu halten, die das Evangelium
verheißt...?!
Was ist also das Normale,
das rangeschafft wird, damit Jesus etwas daraus macht?
In der Berliner Nasskälte
bin ich dauerkränkelnd nach der Rückkehr aus der Toskana, wo alles
sonnig, schön und auch ein wenig (aber wirklich nur ein wenig) kalt
war.
Jetzt dagegen: Viel Grau,
kein weiter Blick mehr, drückende Luft, Schmutz und Ekel in den
Straßen.
Die Bücher, die ich
gerade lese bzw. gelesen habe, sind nicht schlecht, aber auch nicht
umwerfend, was ich vor allem daran merke, dass ich mir keine Notizen
mache und keine Seiten merke, aber auch nicht hinwerfe. Na gut,
letzteres liegt mir sowieso nicht.
Das Humboldt-Buch von
Andreas Wulf war zwar anregend und spannend, aber irgendwann viel zu
lang und sich in Neben- und Nachgeschichten verheddernd, außerdem
voller Wiederholungen in enervierend immer gleicher Wortwahl.
Dann schleife ich immer
noch Esther Kinskys „Hain" hinter mir her. Mein Eindruck,
dass es keine Geschichte ist, die eine Entwicklung erzählt, sondern
Miniaturen, die manchmal gar nicht schlecht sind, aber auch die sind
nervtötend langsam und lang. Der Grundton der Trauer, der das Buch
durchzieht, verbessert die Sache nicht.
Weiterhin die Einsicht,
dass ich nicht viel zu sagen habe und auch keine ausreichend guten
Worte, um das dann wenigstens gut zu präsentieren.
Die Arbeitsstellen könnten
dissonanter nicht sein: Einmal fühle ich mich weitgehend
überflüssig, einmal bin ich so gefragt, dass ich nur noch hinterher
hetze und kein Gefühl für die Qualität meines Tuns mehr habe. Und
viele Leute enttäuschen muss.
Die Kinder kränkeln auch,
meine Frau arbeitet, wir sehen uns abends, reden etwas, gehen zu
Bett.
Politische Ereignisse
(Datenleck, Brexit-Chaos, Flüchtlingsschiffe, AfD-Querelen,
US-Shutdown, Dauer-Klima-Krise) ziehen eher so neben mir vorbei, ohne
dass ich den Eindruck habe, dass mich davon irgendetwas tiefer
berühren kann.
Bei all dem fühle ich
mich an einer belanglosen Oberfläche festgenagelt, matt, nutzlos und
ohne Antrieb. „Bis zum Rand" gefüllte Wasser-Tage (vgl. v7).
Also suche ich mal die
Perlen.
Kleines Glück. Trotz allem. Toskana, 2018. |
Was mich beglückt hat in
diesen letzten Tagen:
Die Facebook-Einträge
eines ehemaligen Mitstudenten mit zeitversetzten Logbuch-Notizen über
einen Aufenthalt in der Psychiatrie: knapp, eindrücklich, offen.
Die Stimme von SabineDevieilhe (zugegebenermaßen entdeckt, weil von youtube empfohlen),
die wirklich eine grandiose Offenbarung ist.
Das Schreib- und
Lesebedürfnis meiner vierjährigen Tochter.
Der Lesungstext vom
Donnerstag, dem 17. Januar, meinem Tauftag – ein Aussätziger kommt
zu Jesus und wird geheilt (Mk 1,40-45).
Ein paar kurze Begegnungen
mit Kiezbekanntschaften auf der Straße.
Die Umarmungen meiner
eineinhalbjährigen kranken Tochter.
Ein Foto, das ich am
Mittwoch, 16.01., auf dem Weg zum Gefängnis aufgenommen habe.
Und schließlich der Stil
der Essays von David Foster Wallace in „Der Spaß an der Sache",
der mich einerseits deprimiert, weil auf den Boden der Realität
holt, andererseits aber beflügelt, jetzt überhaupt wieder zu
schreiben.
Wahrscheinlich ist es diese Sammlung schon. Ein Wein-Wunder.
Aufschreiben als Therapie
und Weg zum Genuss.
Jedenfalls für mich. Jedenfalls ein wenig.
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Taufe,
und
Freitag, 11. Januar 2019
Ein Passwort reicht!
Ein Passwort reicht!
Nach dem Datenleak von Politikern und Prominenten steigt der allgemeine Wunsch nach mehr Sicherheit im Internet.
Ich habe eher den Wunsch nach einem Ausweg aus dem Passwort-Chaos.
Nach dem Urlaub ist es besonders schwer: Wenn ich in meinen diversen Büros eintreffe und die Rechner hochfahre, muss ich all die Passwörter parat haben, die in manchen Fällen auch noch alle paar Monate geändert werden müssen. Furchtbar!
Von meinen privat genutzten Accounts und weiteren PINs für alle Karten und Geräte gar nicht zu reden.
Dann wünsche ich mir, darin bin ich privat der pure Populist, die große Einfachheit: EIN klares Passwort, das sicher ist, immer gilt und auf alle Geräte anwendbar passt.
Nach dem Datenleak von Politikern und Prominenten steigt der allgemeine Wunsch nach mehr Sicherheit im Internet.
Ich habe eher den Wunsch nach einem Ausweg aus dem Passwort-Chaos.
Nach dem Urlaub ist es besonders schwer: Wenn ich in meinen diversen Büros eintreffe und die Rechner hochfahre, muss ich all die Passwörter parat haben, die in manchen Fällen auch noch alle paar Monate geändert werden müssen. Furchtbar!
Von meinen privat genutzten Accounts und weiteren PINs für alle Karten und Geräte gar nicht zu reden.
Dann wünsche ich mir, darin bin ich privat der pure Populist, die große Einfachheit: EIN klares Passwort, das sicher ist, immer gilt und auf alle Geräte anwendbar passt.
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