Vielmehr zeigt der oberitalienische
Künstler, was die theologische Spekulation hinter den Kulissen des
Todes vermutet: Christus steigt zu den Toten hinunter. Er, der am
Karfreitag als Mensch gestorben war, hat nun die erlösende Aufgabe,
zu all den anderen Toten hinunterzusteigen und sie teilhaben zu
lassen an der kommenden Auferstehung.
Samstag, 20. April 2019
Karsamstag: Blick in den Abgrund mit Andrea Mantegna
Die aktuelle Ausstellung "Mantegna
und Bellini – Meister der Renaissance" in der Berliner
Gemäldegalerie zeigt einige eindrucksvolle Karsamstagsbilder. Unter
dem Titel "Der Abstieg Christi in die Vorhölle" hat
Andrea Mantegna ein bemerkenswertes Motiv kreiert und in vielen
Variationen ausgeführt, das der heute gängigen Betonung der
karsamstäglichen Grabesruhe entgegensteht.
Freitag, 19. April 2019
Karfreitag – Zweimal berührt. Bildbetrachtungen
Liebe will den Anderen berühren. Hass
leider auch.
Am Karfreitag treffen sich beide Formen
körperlicher Berührung auf intensivste Weise. Sie machen besonders
deutlich, was Passion alles heißen kann: passiv, erleidend,
zulassend...
Zuerst bei der Kreuzigung.
Donnerstag, 18. April 2019
Gründonnerstag – Selbsteinsatz mit Berührung
Um das Geschehen von
Ostern und besonders das Mahl zu verstehen, das Jesus am Abend vor
seinem Tod mit seinen Jüngern feiert, ist es gut, auf die
zusätzliche Handlung Jesu zu schauen, die nur bei Johannes
überliefert wird.
Dort steht im Zentrum des
Zusammenseins, dass Jesus seinen Jüngern die Füße wäscht.
1
Das ist jene Tätigkeit,
die sonst dem Hauspersonal, in reichen römischen Häusern der
damaligen Zeit also den Sklaven zukam. Und diesen Platz des Sklaven
nimmt nun Jesus ein.
Er dient seinen Jüngern –
jenen, die ihm hinterhergingen, weil sie in ihm etwas Besonderes,
einen Propheten oder Wundertäter oder sogar den Sohn Gottes sahen.
Durch Jesu Rollenwechsel
werden sie selbst nun zu etwas Besonderem, zu Auserwählten, denen
sich dieser besondere Mann zuwendet.
Zergehender Weihrauch. Grünheide, 2019 |
Er macht sich selbst
klein, um zu zeigen, wie Gott sich den Menschen nähert: er kommt
ihnen nahe als einer, der sie bedient und sie dadurch groß macht.
Indem er sich selbst zu einem Sklaven macht.
Und genau das ist auch der
Kern des Mahles.
Es mag beim Letzten
Abendmahl in gewisser Weise auch darum gehen, dass Jesus sich mit
allen an einen Tisch gesetzt hat, auch mit den Sündern, dass sie
miteinander gegessen und getrunken haben und dass sie teilen.
Das Wichtigste aber
ist, dass Jesus sich auch hier selbst einsetzt. Durch Mahl und
Fußwaschung deutet er seinen bevorstehenden Tod. Denn im Mahl
reicht er ihnen nicht irgendetwas, sondern er verspricht, dass er
sich ihnen künftig in Brot und Wein selbst reicht: "Das
ist mein Leib für euch." (1Kor
11,24)
Darin liegt auch der Kern von Ostern: Gott
schenkt uns in seinem Sohn sein Leben.
2
Das hat Konsequenzen für das Leben der
Christen, besonders für das Leben derer, die Jesu Botschaft
weitertragen wollen, also für die Seelsorger, die Priester, Diakone,
Ordensschwestern, Bischöfe, Päpste...
"Wenn nun ich, der Herr und
Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr
einander die Füße waschen", betont Jesus im Anschluss an
sein ungewöhnliches Tun (Joh 13,14).
Das kann man nun wortwörtlich nehmen,
wie heute am Gründonnerstag.
Man kann und sollte es aber vor allem
in einem weiteren Sinne verstehen – und zwar jeden Tag.
Einander die Füße zu waschen heißt
dann, sich vor dem Anderen nicht aufzuplustern, sondern ihm gut zu
tun; sich nicht bedienen zu lassen, sondern selbst zu helfen und zu
dienen; nicht fromm zu reden, sondern hilfreich zur Seite zu stehen.
Dazu gehören Realismus und
Selbstüberwindung: Jesus wusste, dass seine Jünger ganz normale
Menschen mit Schwächen und Ängsten, Fehlern und Macken waren. Und
er hat sich trotzdem vor sie hingekniet und ihre staubigen Füße
gewaschen. Es war ihm in diesem Moment nicht wichtig, dass sie ihn
nur halbwegs verstanden, wenn er vom Reich Gottes sprach oder von
sich selbst, dass sie ihn enttäuschten, wenn er sie brauchte, dass
sie am Ende sogar verängstigt weglaufen würden.
Er will ihnen trotzdem Gutes, setzt
sich für sie ein, zeigt ihnen seine Bereitschaft, für sie da zu
sein, kurz: wäscht ihnen trotzdem die Füße.
Für uns ist klar: Das ist im Alltag
schwer zu verwirklichen. Einmal im Jahr jemandem die Füße zu
waschen, ist dagegen leicht. Einmal im Jahr eine Karte schreiben, ein
Geschenk besorgen oder anrufen, das ist kein Problem. Aber alltäglich
für jemanden da zu sein mit seinem ganzen Leben, ist eine echte
Herausforderung. Um diese Herausforderung geht es.
Berührend. Pflanze an Kosmetikregal, Linum, 2019. |
3
Und im Alltag geht es um Berührung.
Wenn Menschen, die wenig mit Religion
zu tun haben, sich Gedanken machen, was es heißt, religiös zu sein,
dann geht es oft darum, ob man dies oder jenes wirklich glauben kann,
ob man dies oder jenes nicht zu anstrengend finden würde und so
weiter.
Entscheidend ist jedoch nicht die
Theorie, entscheidend ist, die Praxis, also ob wir uns berühren
lassen.
Anders gesagt: Jesus quatscht nicht
nur, sondern er berührt seine Jünger.
Auch dies ist wieder doppelt zu
verstehen, im wörtlichen und im übertragenen Sinn.
Körperliche Berührung ist eine
menschliche Grunderfahrung, die wir als Erwachsene jedoch manchmal,
besonders in Situationen wie einer Haft, beiseite schieben (müssen).
Nicht jeder darf mich anfassen, nicht von jedem möchte ich berührt
werden.
Jesus berührt seine Jünger dort, wo
sie einerseits festen Stand in ihrem Leben fassen, wo sie
andererseits vorwärtskommen in der Welt. Eben an den Füßen.
Im übertragenen Sinn: Lasse ich mich
von Gott berühren, lasse ich ihn an mein Herz? Lasse ich ihn an
meine Fundamente? Lasse ich ihn dort ran und mir helfen, wo ich
festen Stand brauche? Lasse ich ihn an die Pläne, wie ich in meinem
Leben fortkommen möchte?
Wenn ich zulasse, dass Gott mich
berührt, dann werde ich auch bereit, mir sein Leben schenken zu
lassen. Dann werde ich selbst bereiter, mich praktisch für Andere
einzusetzen.
Samstag, 13. April 2019
Palmsonntag - Gedanken aus der Menge
Ein Jünger, der mit Jesus in die Stadt einzieht (J)
Ein Pharisäer, der schon seine Meinung zu Jesus hat (P)
Ein Mensch in der Menge, der mal schauen will (M)
J: Wow, wie die Leute UNS zujubeln!
P: Da vorne ist er also, der Hampelmann, so sehe ich ihn jetzt auch endlich mal!
M: Wer ist das? Lasst mich doch mal durch, ich sehe überhaupt nichts!
Mittwoch, 10. April 2019
Freiheitsgewinn 4 – "Die Welt wird besser, wenn wir miteinander reden" von Alex
Es gibt im Gefängnis einige junge
Männer, die ich immer wieder treffe.
Sie tauchen alle paar Monate für
einige Zeit im Knast auf, meist wegen Beschaffungskriminalität.
Ich habe den Eindruck, dass nicht
wenige von ihnen draußen mit der Freiheit überfordert sind, aber
drinnen, in der Unfreiheit der Knastwelt, können sie ebensowenig
leben.
Ob es für diese jungen Männer einen
Platz gibt, an dem sie auf Dauer glücklich werden können – ich
weiß es nicht.
Außerhalb der Gefängnismauern warten
die Drogen und das dazugehörige Milieu, die mit aller Macht an ihnen
ziehen, auch weil da einfach keine anderen Dinge sind, die Farbe in
ihr Leben bringen könnten. Oft ohne einen Schulabschluss und
Ausbildung, selten mit guter Bindung zur Familie, werden sie kaum
einen Fuß auf den Boden bekommen.
In Haft wiederum fühlen sie sich
(nicht ohne Grund) gegängelt und verfangen sich auf Schritt und
Tritt in Restriktionen, sobald sie nur den Mund aufmachen.
Samstag, 6. April 2019
Vergeben kann, wer Vergebung erfährt. Jesus und die Ehebrecherin
Schriftgelehrte und
Pharisäer wollen Jesus im Sonntagsevangelium
(Joh 8,1-11) auf die Probe stellen und degradieren dafür die sowieso
schon beim sexuellen Akt erwischte Frau nun auch noch zum Instrument
ihres Ärgers auf Jesus.
Durch Jesu bekannte
Antwort auf die Frage, was angesichts des eindeutigen
Gesetzesverstoßes zu tun sei, ergibt sich ein klarer Fokus auf das Thema Schuld: Jesus
fordert die Schuldlosen auf, die Schuld zu sühnen und die Strafe zu
vollziehen (v7). Die betretene Reaktion und
der Verzicht auf die Bestrafung seitens der Männer (v9) zeigt, dass
sie sich ihrer Schuld bewusst werden.
Ob dies auch auf die
Schuld der Instrumentalisierung eines Menschen zutrifft, bleibt
unklar.
Schaut man die ganze Szene
aber nicht aus der Perspektive der Schuld, sondern aus Sicht der
Vergebung an, dann verschiebt sich etwas.
Dienstag, 2. April 2019
Freiheitsgewinn 3 - Frei durch Freiheitsentzug? Konferenznotizen
Auf der bundesweiten Fachtagung der Gefängnisseelsorge waren in diesem Jahr u.a. der ehemalige Anstaltsleiter Dr. Thomas Galli und die Juniorprofessorin Dr. Edeltraud Koller als ReferentInnen anwesend.
Themen des gestrigen Tages waren der Blick auf Inhaftierte und der Umgang mit Schuld und dem Sinn des derzeitigen Justizvollzugs, zu denen ich hier einige Gedanken im Anschluss an die Referate präsentieren möchte.
Mögliche Aktualisierungen auf die Fastenzeit hin möge die geneigte Leserschaft selbstbestimmt vornehmen.
1. Frei durch Reue?
Das Strafgesetzbuch gibt in § 46 Abs. 1 vor: „Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe." Wenn die Strafe als Freiheitsstrafe angesetzt ist, dann führt sie in konkrete Unfreiheit, nämlich in die Haft. Aus dieser heraus kommen Inhaftierte entweder nach voller Verbüßung oder aber zuvor schon, dann jedoch u.U. durch Reue.
Themen des gestrigen Tages waren der Blick auf Inhaftierte und der Umgang mit Schuld und dem Sinn des derzeitigen Justizvollzugs, zu denen ich hier einige Gedanken im Anschluss an die Referate präsentieren möchte.
Mögliche Aktualisierungen auf die Fastenzeit hin möge die geneigte Leserschaft selbstbestimmt vornehmen.
1. Frei durch Reue?
Das Strafgesetzbuch gibt in § 46 Abs. 1 vor: „Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe." Wenn die Strafe als Freiheitsstrafe angesetzt ist, dann führt sie in konkrete Unfreiheit, nämlich in die Haft. Aus dieser heraus kommen Inhaftierte entweder nach voller Verbüßung oder aber zuvor schon, dann jedoch u.U. durch Reue.
Montag, 1. April 2019
Darf ein Priester am Sonntag in der Bank sitzen?
Gestern habe ich den
Gemeindegottesdienst mit äußerst ambivalenten Gefühlen verlassen.
Denn der Prediger in
meiner Ortsgemeinde bot zwar eine sehr schöne Auslegung des
Sonntagsevangeliums, aber er fügte auch noch einige Bemerkungen an,
die mich nachdenklich zurückließen.
Es ging darum, dass er als
Priester, der im Pfarrhaus neben der Kirche wohnt, aber nicht für
die Pfarrseelsorge eingesetzt ist, sich nicht als Notnagel der
Gemeindepastoral gebrauchen lassen wolle. Konkret gedenke er, lieber
auch in den (bei uns regelmäßig stattfindenden) sonntäglichen
Wortgottesdiensten in der Bank zu sitzen und auf diese Weise mit zu feiern, zumal er
bei seiner Ankunft einen Wortgottesdienst erlebte, der ihn positiv beeindruckt hat.
Alte Kirchenteile, neu verpackt. Nikolaikirche, Stralsund, 2018. |
Ich stelle mir schon jetzt
den Aufschrei vor, der durch die hiesigen Gemeinden gehen wird,
nachdem monatelang um eine Gottesdienstordnung für die kommende
Großpfarrei Nordneukölln mit ihren zwei Priestern, drei
Hauptkirchen und fünf Gottesdienstorten insgesamt gerungen wurden.
Der Wunsch nach Eucharistiefeiern und die gefühlte Not, nicht
genügend Priester für das bisherige Gottesdienstangebot zu haben,
war in den Diskussionen deutlich spürbar. Und nun ist da ein Priester, der im Zweifelsfalle aber nicht als Zelebrant zur Verfügung steht.
Persönlich finde ich die
Haltung eines Priesters, der am Sonntag lieber einen Wortgottesdienst
besucht, statt selbst eine Eucharistiefeier anzubieten, mindestens
merkwürdig.
Aber ich kann die
dahinterstehenden (und in den Bemerkungen des Geistlichen
angedeuteten) Gründe teilweise verstehen.
Denn man kann diese
Haltung von den verschiedenen möglichen Effekten her und damit in
mehrfacher Hinsicht ansehen.
1: Pro I
Wenn es darum geht, Laien
zu selbstverantwortlichem, auch liturgisch eigenständigem, Handeln
zu motivieren und sich damit einem Klerikalismus entgegenzustellen,
der ja oft von auf Priester fixierten Laien ausgeht, dann halte ich
es für gut, wenn sich nicht in jede mögliche Gottesdienstform ein
Priester hineindrängt.
Dann halte ich es auch für
akzeptabel, wenn ein Priester an einem Sonntagvormittag in einer
Kirche Eucharistie mit der Gemeinde feiert und anschließend zum
Gemeindekaffee bleibt, dafür in einer anderen Kirche ein
Wortgottesdienst gefeiert wird (so hier vor Ort zum Teil die künftige
Praxis). Meiner Meinung nach muss ein Priester nicht von Messe zu
Messe hetzen, damit nur ja unter allen Umständen keine
eucharistiefreie Zone am Sonntag entsteht (auch wenn ich selbst eher
geneigt bin, dann lieber einen weiteren Weg für eine
Sonntagseucharistie auf mich zu nehmen).
Schließlich ist ein
Priester keine Sakramentenmaschine, sondern ein Mensch.
Unter der Hinsicht der
Ermutigung von Laien zu selbstmächtigen Handeln im Kirchenraum kann
ich also nachvollziehen, dass nicht auf Druck immer eine Eucharistie
gefeiert werden muss. (Darüber hinaus kann in einer Eucharistiefeier
ruhig immer mal ein qualifiziertes Glaubenszeugnis oder eine
persönliche Auslegung der Lesungen statt Predigt "im Angebot"
sein, denn an der fehlenden Predigtvorbereitung des Priesters soll es
nun nicht scheitern.)
2: Pro II
Zugleich wird der
Eigenwert von Wortgottesdiensten hervorgehoben, wenn dort das Wort
Gottes in einer schönen Form gefeiert, zu Gehör gebracht und
ausgelegt wird. Wider die eucharistische Monokultur!
Das wäre die Bejahung
dieser Haltung unter Hinsicht der gottesdienstlichen Vielfalt.
Andersherum wird durch die
Feier von Wortgottesdiensten auch der Wert der Eucharistiefeier
wieder mehr betont. Denn logischerweise steigt das Rare im Wert, wird
man sich dessen, was man aktuell nicht hat, stärker bewusst und
schätzt es mehr.
Alles ist fast schon bereitet. Nikolaikirche, Stralsund, 2018. |
3: Contra I
Demgegenüber steht beim
Priester die Weihe zum Dienst.
Nicht für die persönliche
Heiligung oder zur Erbauung der Hierarchie oder für das Erbringen
wissenschaftlicher Leistungen wird jemand zum Priester geweiht,
sondern für den Dienst am Volk Gottes.
Das Amtspriestertum ist
ein Dienstamt!
Das bedeutet (wie oben
schon erwähnt) nicht, dass Priester nur für liturgische und
sakramentale Belange da wären (auch wenn das im Zeitalter von
Verwaltungsleitern einer Pfarrei, die nicht Priester sind, praktisch
im Vordergrund steht).
Der Dienst des Priesters
besteht in solchen Situationen jedoch darin, sich auch dann für
liturgische Feiern zur Verfügung zu stellen, wenn er eigentlich
keine Lust dazu hat oder aus oben genannten (und möglicherweise noch
anderen) Gründen der Meinung ist, dass keine Eucharistiefeier
angeboten werden muss.
Unter der Hinsicht der
grundsätzlichen Zielstellung des Amtspriestertums in der
katholischen Kirche wäre es also mehr als angemessen, für die
sonntägliche Feier der Eucharistie bereit zu sein.
(Aus privatem
Erleben als Seelsorger mit Familie kann ich sagen, dass hier ein
äußerst praktischer Grund für den Zölibat liegt - auch ich möchte gern mal am Sonntag frei haben und mit meinen Kindern den Gottesdienst besuchen und nicht immer selbst vorn stehen.)
4: Contra II
Noch mehr gilt dies in
Hinsicht auf die Ausbildung. Die Priester nämlich wurden, im
Gegensatz zu den meisten Gläubigen, genau für diese liturgischen
Feiern ausgebildet.
Während viele engagierte
Laien, die nicht im kirchlichen Dienst stehen, vor großen Problemen
stehen, wenn sie einen Gottesdienst leiten oder einen Segen spenden
oder eine Predigt halten sollen, gehört es für den Priester zum
Alltag, in kompetenter Weise liturgische Präsenz zu zeigen (was,
zugegeben, mal mehr und mal weniger gut gelingt...).
Nur mal zum Vergleich:
Würde der Busfahrer sich lieber nach hinten in den Bus setzen und
stattdessen einen Fahranfänger ans Steuer lassen, würden wir uns
doch sehr wundern. Der anwesende, aber nicht aktiv werdende Arzt
würde im Fall der Fälle sogar vor Gericht kommen.
Aber in der Kirche soll
der Heilige Geist nun in allen gleichermaßen wehen, egal wie
professionell sie der liturgischen Aufgabe gerecht werden können.
Bei aller Liebe: die Ausrichtung an den verschiedenen Talenten
schließt eine Förderung dieser Talente gerade mit ein.
Ich halte es deshalb unter
dieser Hinsicht nötiger, nicht vorgebildete Laien mehr auszubilden
und zu befähigen, als sie irgendetwas machen zu lassen. Das würde
Wortgottesdienste nämlich wirklich entwerten.
5: Conclusio
Mir persönlich liegt die
Betonung des Dienstcharakters der Priesterweihe (s. 3) besonders am
Herzen. Wenn ein Priester demütig Gott und dem Volk Gottes dient,
wird Klerikalismus (s. 1) auch kein Problem werden. Ein solcher
Priester wird die nichtgeweihten Gläubigen gern ermutigen und
befähigen (s. 4), im rechten Moment das ihnen Gemäße zu tun –
und selbst seine eigenen Aufgaben wahrnehmen.
Damit bin ich vom
konkreten Erlebnis sehr weit ins Allgemeine gerutscht – aber so ist
das eben.
Ich hoffe auf gedeihliches
Gemeindeleben.
Alles im Umbau. Kulturkirche, Neuruppin, 2017. |
Samstag, 30. März 2019
Die Heimkehr des Sohnes. Ein meditatives Puzzle
Heute mal eine Art Puzzle, aus dem ich die mir gemäßen
Sätze zum Evangelium am Sonntag Laetare mit der Geschichte vom barmherzigen Vater herauspicken und zusammenstellen
kann.
Es sind noch Plätze frei. Tübke-Villa, Leipzig, 2018. |
Ich komme nach Hause.
Das
heißt:
ich habe genug
ich habe genug
ich brauche mich nicht
mehr mit fremden Menschen umgeben
ich habe es geschafft
ich muss nicht mehr arbeiten
ich kann endlich ausruhen
ich darf mich anlehnen
ich muss nicht mehr funktionieren
ich habe es geschafft
ich muss nicht mehr arbeiten
ich kann endlich ausruhen
ich darf mich anlehnen
ich muss nicht mehr funktionieren
Allerdings hatte ich ursprünglich nicht vor, zu dir zurück zu kommen.
Das heißt:
ich habe mich verschätzt
ich konnte mich nicht zurecht finden
ich musste aufgegeben
ich bin ein Versager
ich habe dich enttäuscht
ich bin ein Versager
ich habe dich enttäuscht
ich fürchte mich vor dem,
was jetzt kommt
ich will mich nicht länger verkriechen
ich will dich eigentlich nicht sehen
ich erwarte nicht, dass du mich annimmst
ich will dich eigentlich nicht sehen
ich erwarte nicht, dass du mich annimmst
Unerwartet stehst du in der Tür und wartest auf mich.
Das heißt:
Du hast mich nicht aufgegeben
Du willst dich nicht rächen
Du freust dich auf mich
Du möchtest mich bei dir haben
Du bist nachsichtig
Du gibst mir noch eine Chance
Du stehst auf meiner Seite
Du schaust großzügig auf meine Fehler
Was ist meine Antwort darauf?
Angebrannt und trotzdem schön. Neukölln, 2017. |
P.S. Ein titelgleicher Beitrag zu einem gänzlich anderen Thema findet sich hier.
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Dienstag, 26. März 2019
Freiheitsgewinn 2 - Der Frauenbefreier Jesus in "Maria Magdalena" von Garth Davis
Ein Film über Maria
Magdalena muss viele Klippen umschiffen.
Eine erste Klippe besteht
darin, die Beziehung von Jesus und Maria als Liebesgeschichte zu
erzählen und aus dem Verhältnis von Jüngerin und Meister eine
Seifenoper zu machen. Dann kann es sein, dass die phantasievoll
ausgemalten sozialen Konflikte (Maria als Prostituierte am Rand der
Gesellschaft etc.) breiten Raum einnehmen und die religiöse
Botschaft des Jesus von Nazareth dahinter verschwindet. Manchmal
werden auch ahistorisch die heutigen Probleme (beispielsweise mit
religiösen Autoritäten) in einen Film hineingetragen.
Samstag, 23. März 2019
Jesus und der Vampirbaum. Ein Gedanke zum Sonntagsevangelium (Lk 13,1-9)
Warum sollte ein Baum, der
keine Früchte bringt, weiter im Garten stehen? Der Baum entzieht dem
Boden Nährstoffe und schädigt auf diese Weise die früchtetragenden
Nachbarn. Ein solcher Baum schwächt seine Umwelt – er ist wie ein
Vampir, der seinen Opfern die Lebenskraft aussaugt.
Also: "Was
soll er weiter dem Boden seine Kraft nehmen?"
(Lk 13,7)
Diese Frage jedenfalls stellt sich dem Besitzer des Gartens im Evangelium des Sonntags. Der kann und will es sich wirtschaftlich nicht leisten, einen solchen Nichtsnutz stehen zu lassen.
Diese Frage jedenfalls stellt sich dem Besitzer des Gartens im Evangelium des Sonntags. Der kann und will es sich wirtschaftlich nicht leisten, einen solchen Nichtsnutz stehen zu lassen.
In unserer Gesellschaft
stellen sich ähnliche Fragen.
Donnerstag, 21. März 2019
Freiheitsgewinn 1 – "Spiritueller Missbrauch in der katholischen Kirche" von Doris Wagner
In den letzten
Themenreihen der Fastenzeit habe ich mich stark auf die Passion
fokussiert – 2016 "Der
Gekreuzigte" und 2018 "Das
Sterben spüren".
Das Thema in diesem Jahr
soll "Freiheitsgewinn" lauten, denn Fasten hat ja auch zu
tun mit dem Heraustreten aus der eigenen Begrenztheit hinein in die
Weite Gottes.
Es soll in den Beiträgen
unter diesem Titel darum gehen, Abhängigkeiten und Enge zu erspüren
und Freiheitspotenziale auszuloten.
------------
Am Beginn stehen im
vorliegenden Beitrag die Analysen und Schlussfolgerungen von Doris
Wagner, ehemalige Ordensfrau und (inzwischen verheiratete) Autorin
des bemerkenswerten Buches "Spiritueller Missbrauch in der
katholischen Kirche".1
Dienstag, 19. März 2019
War Josef der leibliche Vater Jesu? Zwei Antworten von Joseph Ratzinger
Zum Fest des heiligen
Josef möchte ich kurz zwei unterschiedliche Antworten zu oben
genannter Frage referieren. Zwei Antworten, die interessanterweise
von ein und dem selben Autor stammen, allerdings liegen zwischen
ihnen 44 Jahre.
Samstag, 16. März 2019
"Schaut die verklärte Leibsgestalt." Ostern in Sicht und Abstieg ins Tal
1. Ostern in Sicht
"Der Leib ist
klar, klar wie Kristall, Rubinen gleich die Wunden all,
die Seel durchstrahlt
ihn licht und rein wie tausendfacher Sonnenschein"
"Bedeck, o Mensch,
dein Augenlicht! Vor dieser Sonn besteht es nicht."
Es ist ein Osterlied, das
mir angesichts des Sonntagsevangeliums
in den Sinn kam. Denn dort heißt es außerdem gleich zu Beginn in
der ersten Strophe:
"Kommt, kommt, ihr
Christen jung und alt, schaut die verklärte Leibsgestalt!"1
Während im Evangelium die
Rede war vom Aufstieg Jesu auf den Berg und von seiner dortigen
Verklärung vor den drei mit hinaufgegangenen Jüngern, singt das
Lied vom auferstandenen Jesus.
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Sonntag, 10. März 2019
Meine Versuchungen im Gottesdienst. Gedanken zum Evangelium am Ersten Fastensonntag
Wenn Jesus im
Evangelium
des heutigen ersten Fastensonntags auf die Probe gestellt wird, dann
frage ich mich, was diese Versuchungen für mich bedeuten.
(Leider
gab es traditionell keine Auslegung dieses Textes durch den
Gemeindepfarrer – aber dafür den in diesem Jahr äußerst hörens-
und lesenswerten Fastenhirtenbrief
von Erzbischof Koch. Ich kann ihn an dieser Stelle nur empfehlen und
betonen, wer ihn liest und bisweilen auch in diesen Blog
hineinschaut, kann dort viele Gedanken entdecken, die hier auch
auftauchen: Ambivalenzen aushalten, Vielfalt würdigen, Aufmerksam
durch den Alltag gehen...)
Besonders wenn ich selbst
einen Gottesdienst gestalte, gibt es eine Reihe von Versuchungen,
denen ich standzuhalten habe.
"Befiehl
diesem Stein, zu Brot zu werden" (Lk 4,3),
beginnt der Teufel bei Jesus.
Auch meine Versuchung ist
oft genug, zu glauben, dass ich durch meine eigenen Kräfte und
Möglichkeiten die Gottesdienstbesucher satt machen könnte.
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