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Samstag, 12. November 2016

Keine Weltuntergangsstimmung, bitte! - Eine Predigt im Gefängnis

 Es ist so viel passiert, worüber man schreiben könnte... Stattdessen sei hier nur auf zwei Fundstücke im Netz hingewiesen.
Angesichts des Todes von Leonard Cohen ist hier einer seiner schönsten Songs, ein imaginärer (Liebes)Brief an einen ehemaligen Nebenbuhler: "Famous blue raincoat". 
Angesichts der Wahlen in den USA fand ich einen Text, der nicht Umfrageinstitute zerreißt, über Wählerverhalten aufklären will oder den Untergang der freien Welt wegen der Wahl eines solchen Egomanen an die Wand malt, sondern der kritisch-konstruktiv nach vorn schaut: "What do we tell the children?"

Und damit zu dem, was ich morgen so oder ähnlich im Gefängnis predigen werde:

Montag, 7. November 2016

"Wohl denen, die großherzig sind" - Neue Seligpreisungen nach Avraham Ben Yitzhak

Dieser Tage hat Papst Franziskus in Schweden eine aktualisierte Fortschreibung der Seligpreisungen angeboten, die ich sehr ansprechend finde und die es wert wäre, hier besprochen zu werden. Ich möchte an dieser Stelle aber nur darauf hinweisen (hier) und den Anlass lieber nutzen, um eine ältere Reformulierung der Seligpreisungen vorzustellen, die von dem bereits erwähnten galizischen Autor Avraham Ben Yitzhak stammt.
Die folgenden, 1930 in Wien geschriebenen Zeilen stellen die letzte Gedichtveröffentlichung des Dichters dar.

Dienstag, 23. August 2016

Christsein als Bundesgeschehen

In letzter Zeit kommt mir dieses Thema immer plausibler vor – dass für das Verständnis des christlichen Lebensvollzugs beim durch Gott vorgeschlagenen Bund anzusetzen ist, bei einem Bund, der seit den Bundesschlüssen, von denen das Alte Testament berichtet, bis zu jeder einzelnen heutigen Person reicht.

Schon unsere normale Bezeichnung für die beiden Teile der Bibel erinnert daran, denn es ist das "Wort 'Testament', das über das griechische diathéké das alttestamentliche Wort für Bund (beríth) wiedergibt".1 In den biblischen Büchern geht es mithin nicht um das Erzählen von Geschichten, sondern um das Zeugnis von diesem Bund Gottes mit den Menschen.
Joseph Ratzinger verweist in diesem Zusammenhang auf die rabbinische Theologie, nach der der Bundesgedanke sogar der innerste Grund der Schöpfung der Welt sei: "Der Kosmos wird geschaffen, nicht damit es vielerlei Gestirne und Dinge gebe, sondern damit ein Raum sei für den 'Bund', für das Ja der Liebe zwischen Gott und dem ihm antwortenden Menschen."2

Freitag, 12. August 2016

JosephsReligion 8 - Rasse oder Geist

Am 12. August 1955, also heute vor 61 Jahren, starb Thomas Mann in Zürich. Gegen den Ungeist des Nationalsozialismus hat er sich nicht nur in vielen privaten Briefen und öffentlichen Radioansprachen gewandt - sondern auch in seinem großen Josephsroman, der seit 1933 in vier Teilen erschien. 
Mann wollte darin einen biblisch inspirierten Gegenentwurf zum geistlosen Rassismus, der in jener Zeit in Deutschland wütete, bieten.
Selten genug wird der Roman diesbezüglich eindeutig - aber vor einer der heikelsten Szenen, nämlich der versuchten Verführung Josephs durch die Frau des Potiphar, geschildert im dritten Band "Joseph in Ägypten", der 1936 erschien, geschieht es.
Diese Stelle möchte ich an seinem Todestag kurz anführen. 

Montag, 8. August 2016

"Komm, wir gehen für unser Volk!" Das jüdisch-christliche Martyrium der Edith Stein

Der Gedanke vom Mit-Leiden mit Christus als dem Gekreuzigten prägte Edith Stein so sehr, dass sie als Ordensnamen Teresia Benedicta a Cruce wählte, also "Theresia, die vom Kreuz gesegnete". Darin drückte sich einerseits ihre Verehrung für Teresa von Avila aus, deren Autobiographie sie 1921 zum entscheidenden Schritt in den christlichen Glauben bewegte, andererseits bezieht sie sich mit diesem Namen auf Johannes vom Kreuz, dessen Werk sie in ihrer "Kreuzeswissenschaft" systematisch durchdeklinierte.

Schließlich aber wird ihr Name auch sprechend und ganz und gar praktisch durch ihr eigenes Sterben am 9. August 1942 in Auschwitz.
Doch klargestellt werden muss auch: Edith Stein, die Christin gewordene Jüdin, die Philosophin und Karmelitin, wird ermordet, weil sie Jüdin war, nicht weil man ihr Christsein bestrafen wollte. Insofern ist sie eines der vielen Opfer des Rassenantisemitismus der Nationalsozialisten, der auf das Bekenntnis nicht achtete, sondern nur auf die biologische Herkunft.

Sonntag, 3. Juli 2016

An Hiobs Seite - Elie Wiesel zum Gedächtnis

Elie Wiesel ist tot.

Der Autor und Friedensnobelpreisträger, dem das eigene Überleben in Buchenwald und das massenhafte Sterben seines Volkes angesichts eines schweigenden Gottes zum beherrschenden Thema seiner Schriften wurde, er ist nun im Alter von 87 Jahren gestorben.

Sein aus tiefer jüdischer Frömmigkeit inspiriertes Werk verdient es nach meiner Meinung, wieder und wieder gelesen zu werden. Denn in seinen Romanen und Erinnerungen, Essays und Reden spiegelt sich das Ringen eines Versehrten um den Gott Israels mitsamt den Zweifeln am Bundesversprechen gegenüber seinem Volk, das sich im Holocaust dann so verlassen fühlte.

Dienstag, 14. Juni 2016

Die Ecke macht's – Altarwand und Hauskapelle im Christian-Schreiber-Haus

Das Jugendbildungshaus, in dem ich arbeite, hat eine bemerkenswerte Kapellenarchitektur. Im Halbrund sitzt die Gemeinde einer großen, abstrakt gestalteten Wand gegenüber, davor befinden sich der Altar und die Sedilien der Liturgen. In die grau gehaltene Wandgestaltung eingebunden sind sowohl der Tabernakel als auch das Kreuz und ein buntes Fenster.

Kapelle mit Altarwand, Christian-Schreiber-Haus, Alt-Buchhorst, 2016.

Donnerstag, 26. Mai 2016

Ich und Wir und all die Anderen - Katholikentagsimpressionen

Unbeabsichtigt hat sich in meine Erlebnisse beim Katholikentag in Leipzig ein Thema eingeschlichen: ich. Und wir. Und ER. Und schließlich alle.
Nicht nur, dass ich, mal mehr, mal weniger zufällig, viele alte Freunde, Bekannte und Weggefährten getroffen habe, die mich an meine verschiedenen Leben erinnerten und beim Weitergehen ermutigten.
Auch die Veranstaltungen, die ich besucht habe, gingen in diese Richtung. Einige Eindrücke. 

Freitag, 26. Februar 2016

Zeit für Frühling - Ein Gedicht von Avraham Ben Yitzhak

Der galizische Jude Avraham Ben Yitzhak scheint ein aufmerksamer Mensch gewesen zu sein; die Stimmung, die ihn umgab, und die Sprache, die ihn die Stimmung formulieren ließ, leuchten aus seinem Gedicht, das er 1912 in Przemyśl, an der heutigen Ostgrenze Polens zur Ukraine gelegen, schrieb.

Mittwoch, 17. Februar 2016

Der Gekreuzigte 1 – Jesu Tod und Judas' Glaube in "Judas" von Amos Oz

Eine im letzten Jahr immer wieder genannte Darstellung der Kreuzigung und des Gekreuzigten ist im Buch "Judas" von Amos Oz zu finden.
Die Haupthandlung erzählt von Schmuel, der eine Abhandlung über Judas und seine Rolle in jüdischen Schriften verfassen will und sich nach dem Verrat seiner großen Liebe im Haus eines alten Mannes als Konversationspartner verdingt. Dabei gerät er in das komplexe Beziehungsspiel zwischen der ebenfalls im Hause wohnenden Atalja, ihren verstorbenen Mann und den Alten. Vielschichtiges Fragen nach Treue und Verrat durchziehen dementsprechend den Roman.
Das kann in einschlägigen Rezensionen nachverfolgt werden.

An dieser Stelle soll es allein um den Gekreuzigten gehen und die Weise, wie er in den Gedanken von Schmuel und Judas dargestellt wird. Dazu ist wichtig zu wissen, dass Oz den Judas als entscheidenden Strippenzieher im Hintergrund gezeichnet hat:

Montag, 8. Februar 2016

Beschnitten – Eine Entdeckung zur Nacktheit

Vor kurzer Zeit habe ich in der Sauna einen beschnittenen Mann nackt gesehen, zum ersten Mal in meinem Leben.
Im Nachdenken darüber ist mir auf einmal schlagartig klar geworden, was für eine wahnsinnige und nicht mehr aufhebbare Bindung diese Art von religiöser Initiation erzeugt.
Wie sehr die Zugehörigkeit zur Religion in den eigenen Körper eingeschrieben ist, so dass eine mentale Distanzierung vielleicht möglich ist, aber durch den eigenen Körper immer wieder konterkariert wird. 
Ich bin allenfalls durch meine Kette mit Kreuz und meinen Ehering ansatzweise ausdeutbar, beides ist aber reversibel an meinen Körper und kann jederzeit abgenommen werden. Für einen beschnittenen Mann dagegen kann jedes Duschen und jede Erfahrung von Nacktheit eine Erfahrung oder wenigstens Bewusstwerdung der eigenen Religion sein.

Samstag, 23. Januar 2016

"Dabei hielten sie sich an die Überlieferung..." – Geistesgegenwart durch Tradition

Als Sozialwesen stehen wir Menschen nicht nur in biologischer Beziehung zu unseren Vorfahren, sondern in einer langen Reihe von Traditionen und Überlieferungen, die über unsere persönlichen Herkünfte und Überzeugungen hinausgehen. Das mögen wir im Einzelfall schätzen oder nicht, wir haben immerhin die (relative) Freiheit, uns dazu zu verhalten.
Wenn in einigen Tagen zum Beispiel der Opfer des Nationalsozialismus gedacht wird, kann uns dieses Gedenken beunruhigen oder erschüttern oder aggressiv machen oder wir können es als nicht zu uns gehörig abweisen – inwieweit wir mit einer Reaktion der Sache und uns selbst gerecht werden, steht dann wiederum verschiedenen Interpretationen und Werturteilen offen.

Das Evangelium des heutigen Sonntags berichtet ebenso vom spezifischen Verhältnis, in das sich Menschen zu einer vorgegebenen Tradition stellen.

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Alle Macht der Welt - Ein Gedanke aus "Judas" von Amos Oz

Im Roman "Judas" von Amos Oz steht ein bemerkenswerter Gedanke, der in unterschiedlichen Fassungen an diversen Orten in der Literatur, der Philosophie oder in religiösen Werken auftaucht - die Frage nach der Macht und ihren Grenzen. Im vorliegenden Roman taucht sie auf im Kontext der politischen Probleme des Nahen Ostens, die immer noch höchste Relevanz besitzen, wie nämlich der Staat Israel und seine Nachbarn koexistieren könnten.

Montag, 31. August 2015

Vertrauen lernen - Innenperspektiven eines Fliehenden bei Hilde Domin


Hilde Domin war Flüchtling, als Flüchtlinge noch Emigranten oder Exilanten hießen. Über Italien und Großbritannien führte der Weg dieser außergewöhnlich sprachbegabten Frau aus jüdischem Hause im Jahr 1940 schließlich nach Santo Domingo, wo sie zu ersten eigenen Texten fand. Aufbruch und Abschied, Unterwegssein und Suche nach Heimat gehören zu ihren Themen, auch in den "Liedern zur Ermutigung". Das zweite Lied1 fängt viele Aspekte aus dem Leben eines Flüchtlings ein:

Mittwoch, 22. Juli 2015

JosephsReligion 3 – Jakob und die fremden Götter

Thomas Manns Josephsroman ist ein religionskundlich-theologischer Leckerbissen. Nach einigen Gedanken zur Darstellung von Abraham und Isaak möchte ich heute auf eine Stelle im ersten Teil hinweisen, in der es um den künftigen Stammvater Jakob geht.
Zusammen mit seinem Schwiegervater Laban, der die Landsgötter verehrt und ihre Kultstätten in der Stadt stolz anpreist, geht Jakob nach Vertragsabschluss durch Charran. Szenen, die um die Ereignisse in Gen 29 kreisen und sie ausformulieren, bebildern Thomas Manns Darstellung der verschiedenartigen Religionen beider. Die Stadt wird als Moloch gezeichnet, die für den Hirten Jakob nichts von Interesse bietet. Stattdessen erinnert er sich (bemerkenswerterweise gemeinsam) an seinen Gott – und an die Augen der geliebten Rahel.

Montag, 15. Juni 2015

Alles Umrechnen in Sinn – Über Katja Petrowskajas "Vielleicht Esther"

Die Frage, ob Raum und Zeit in Sinn umzurechnen seien, schien mir zuerst ein wenig spekulativ. Aber dann habe ich das unglaubliche Buch "Vielleicht Esther" von Katja Petrowskaja gelesen. In dieser autobiographischen Spurensuche feiert das eigentlich vormoderne Denken, nach dem sich im Namen Sinn verbirgt, seine sprachlich-sinngefüllte Auferstehung.

Mittwoch, 27. Mai 2015

Philosophische Erlösungshoffnung – Anmerkungen zu "Gott denken" von Holm Tetens

Der Berliner Philosoph Holm Tetens hat sich jüngst einer für zeitgenössische Philosophen ungewöhnlichen Aufgabe unterworfen – er hat versucht, unter dem Titel "Gott denken. Ein Versuch über rationale Theologie"1 eine vernunftorientierte Theologie als philosophische Fragestellung wiederzugewinnen.
In der Reclam-Reihe [Was bedeutet das alles?] schreibt der (nach eigener Aussage) früher selbst agnostisch und atheistisch argumentierende und "auf der zeitgeistsicheren Seite beheimatet"2 gewesene Autor demzufolge über die Plausbilität von Theismus und Naturalismus, über das Verhältnis von Physischem und Mentalem, über Leid und Freiheit des Menschen – und macht sich schließlich gegen einen naturalistisch orientierten philosophischen Mainstream für die "vernünftige Hoffnung"3 auf Gott in einem "theistischen Idealismus"4 stark.

Dienstag, 14. April 2015

JosephsReligion – Der Monotheismus Abrahams bei Thomas Mann

Das Romanepos "Joseph und seine Brüder" von Thomas Mann sei hier unbedingt empfohlen. Neben der titelgebenden Konstellation geht es darin unter anderem auch um die Vorfahren Josephs und um die Entwicklung des Ein-Gott-Glaubens dieser frühen Gläubigen und Vorfahren der Juden und Christen.

Thomas Mann theologisiert bekanntermaßen auf hohem literarischen Niveau, das er sich durch jahrelange Beschäftigung mit den altorientalischen und ägyptischen Religionszeugnissen und Gedankengängen erarbeitet hatte. Die Konflikte Jakobs mit seinem polytheistisch praktizierenden Schwiegervater Laban stellt er dabei ebenso heraus wie Fragen nach Orakeln und Opfern, Gründe für Eingottverehrung und Eingottglaube und Bezüge zu christlichen Deutungsmustern.

Freitag, 3. April 2015

Kafreitag: Nacht auf Erden - Charles Péguy zum Tod Jesu

In seinem großen Hymnus "Das Tor zum Geheimnis der Hoffnung" schließt Charles Péguy mit einem Lied Gottes an die Nacht. In der biblischen Tradition hat die Nacht vielfältige Bedeutungen: die Nacht des Auszugs aus Ägypten, die Nacht der Geburt Jesu, die Nacht des Verrats, die Nacht der Auferstehung. In Péguys kraftvoller Sprache und in der Frömmigkeit des beginnenden 20. Jahrhunderts lässt Gott sich von der Nacht erinnern an seine Schöpfung und an seinen Sohn: