Posts mit dem Label Brüche und Grenzen werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Brüche und Grenzen werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Donnerstag, 6. Mai 2021

Liebe gewinnt! Ein Radiobeitrag

 So ähnlich werde ich am Sonntag, 09.05.2021, früh um ca. 10 vor 10 auf rbb 88,8 zu hören sein:

Am heutigen Sonntag und am morgigen Montag werden in vielen Kirchen in Deutschland Liebende gesegnet. An sich ist das nichts ungewöhnliches – solche Segnungen haben eine lange Tradition im katholischen Glauben, besonders am Valentinstag kann man das vielerorts erleben. Und auch bei einer kirchlichen Eheschließung gehört die Bitte um Gottes Segen, seinen Beistand und seine Gegenwart, selbstverständlich dazu.
Heute und morgen aber geschieht etwas Besonderes. Denn unter dem Motto "Liebe gewinnt" wollen katholische Seelsorgerinnen und Seelsorger ausdrücklich auch gleichgeschlechtliche Liebespaare segnen. Und das ist in der katholischen Kirche ein Politikum.

Sonntag, 25. April 2021

In der Krise der Autoritäten vom Guten Hirten sprechen

"Ich kenne die Meinen"

Dabei sind wir so schwer zu kennen, rennen wir doch alle in unterschiedliche Richtungen – wir laufen Allesdichtmachern oder No-Covid-Agitatoren hinterher, hören auf Rahnerangriff oder Osterkonter, sind für Laschet oder Baerbock, lieben Papst Franziskus oder seine Kurie.

Diese Spaltungen sind so ermüdend!

Wenn da wirklich einer meint, er würde uns kennen, dann hätte er viel zu tun in jeder Richtung.

Und er käme zu einer unpassenden Zeit. Einer Autorität, die mir einflüstern wollte, dass sie uns kenne, stünde ich sehr skeptisch gegenüber.

Zu viele haben ihre Ohren angeblich nah am Herzen des einfachen Mannes, zu viele glauben nur den alleraktuellsten Meinungsumfragen, zu viele lassen sich treiben von angeblichen Bedürfnissen ihrer Wählerklientel.

Samstag, 17. April 2021

Trauer und Hoffung. Von den Toten und der Auferstehung

Während wir jetzt hier im Gefängnis unseren Gottesdienst feiern [Predigt am 18.04.2021, vormittags], wird gleichzeitig in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche ein großes Gedenken für die Opfer der Corona-Pandemie (und alle Toten dieser Zeit) begangen. Die Trauer über die Toten, von denen sich ihre Angehörigen oft genug nicht einmal verabschieden durften, kann dort noch einmal Raum finden.

In unserem Gottesdienst möchte auch ich dieses Gedenken an die Toten mit einbeziehen.

Für uns Christen ist das sowieso der richtige Zeitpunkt – wir feiern die Auferstehung, 50 Tage lang ist Osterzeit, bis Pfingsten!

Die Trauer um die Toten und die Hoffnung auf ihr Leben bei Gott gehören zusammen.

Sonntag, 4. April 2021

Großostern oder Kleinostern? - Feiern wir das Leben!

1.
Vielleicht haben Sie in diesem Jahr ja schon Kleinostern gefeiert – einen dieser Ostermomente in unserem Leben:

Wenn jemand nach einer schweren Krankheit wieder gesund geworden ist.

Wenn sich Familienmitglieder nach einem Streit wieder vertragen.

Wenn nach dem langen Winter endlich der Frühling beginnt.

Wenn jemand nach einer Haftstrafe neu anfängt.

Wenn eine rettende Impfung kommt.

 

Freude, Erleichterung, Aufatmen, Mut fassen – das dazu gehörende Spektrum der Gefühle und Stimmungen ist breit.

Donnerstag, 1. April 2021

Poetische Fastenspeise 5 – "Judaskuß" von Josef Weinheber

Gründonnerstag ist nicht nur der Tag von Abendmahl und Fußwaschung, sondern auch der Tag des Judas und seines Verrats.

Die Gestalt bleibt in den biblischen Texten dunkel und mehrdeutig – keine Vorgeschichte, blass gezeichnet, ohne plausibles Motiv für den Verrat (Geldgier als das einzig bekannte Motiv, das in den Evangelien angeben ist, scheint nun doch arg eindimensional). Auch darum kam es zu einer Vielzahl von gegensätzlichen Deutungen des Judas – vom missverstandenen Freund über den gierigen Verwalter der Gruppenkasse bis hin zum eigentlich besten Anhänger, der Jesu großen Auftritt provozieren wollte – es bleibt unklar.

Bei Josef Weinheber (1892-1945)1 schlüpft das lyrische Ich in die Person des Jüngers und reflektiert das Zustandekommen des Verrats auf eigene Weise:

Sonntag, 28. März 2021

Palmsonntag – Alles Leiden unserer Zeit in einer Woche

Mit dem Palmsonntag beginnt die Heilige Woche, die in Karfreitag und Ostersonntag, in Leiden, Tod und Auferstehung Jesu gipfelt.

Die Doppelgesichtigkeit der kommenden Festtage spiegelt sich auch in der heutigen Liturgie:

Wir gehen in die Leidenswoche, aber wir feiern am Sonntag Auferstehung.

Wir hören vom triumphalen Einzug Jesu, aber auch von seiner Leidensgeschichte in der Passion.
Und in diesem Jahr ganz besonders:
Wir können gemeinsam in der Kirche Gottesdienst feiern, aber nicht lang und festlich und mit Gesang, sondern nur mit Maske, ohne Friedensgruß und ohne Lieder.

Samstag, 20. März 2021

Die Frucht und der Kampf. Zwei gegensätzliche Kirchenerfahrungen

Diese Woche haben mich zwei sehr gegensätzliche Erfahrungen von Kirche bewegt.

Beim Meditieren der Texte des Sonntags, vor allem des Evangeliums (Joh 12,20-33) schien mir, dass diese Erfahrungen gut zu zwei Passagen des Sonntagsevangeliums passen.


Da ist zum einen meine Ausbildung – ich absolviere gerade zwei Wochen eines insgesamt sechswöchigen Kurses "Klinische Seelsorge Ausbildung" (KSA), der dieses Mal pandemiebedingt online stattfindet. Organisiert durch ein evangelisches Seelsorgeinstitut und mit einer Reihe evangelischer Pfarrer und SeelsorgerInnen als Teilnehmenden erfahre ich dort eine sehr schöne Weise, wie Kirche glaubwürdig ökumenisch miteinander arbeiten und beten kann.

Mittwoch, 17. März 2021

Kein Segen?! Kommentar zur Frage der Segnung homosexueller Paare

COVAX, Syrien, Myanmar, Josefsjahr und Paraguay – ich gebe ja zu, dass ich für meine Recherchen spät dran bin, aber dass heute nur die genannten Themen auf der Startseite der Vatikan-Homepage zu finden waren und die Frage nach der Segnung homosexueller Partnerschaften schon völlig aus dem Blick gerutscht ist, hat mich doch verwundert.

Und es drängt sich wieder einmal der Eindruck auf: Dort wo ein selbstkritischer Blick nötig wäre, wo es viel Wind um genuin kirchliche Fragen gibt, da schieben sich plötzlich andere Dinge in den Vordergrund. Nicht, dass es nicht Grund genug für die Thematisierung der vielen Krisen auf der Welt gäbe, aber die spirituelle und moralische Krise, die die Verlautbarung des Vatikans in vielen katholischen Christinnen und Christen auslöst, scheint mir doch nicht weniger ernst.

Donnerstag, 11. März 2021

Poetische Fastenspeise 3 – "Ohne" von Tadeusz Różewicz

Nun wäre es Zeit für eine weitere Fastenspeise – dachte ich und suchte so vor mich hin. Nachdem schon der Frauentag in meinem Bücherschrank keine lyrische Fundgrube war und ich noch viele andere Dinge um die Ohren habe, war ich zunächst nicht sehr optimistisch.

Aber da!

Im neu erworbenen Auswahlband von Tadeusz Różewicz mit dem Titel "Zweite ernste Verwarnung"1 wurde ich fast erschlagen von der existenziellen Kraft des folgenden Gedichts.

Es spiegelt in Anlehnung an viele biblische Worte die Last und die Pein, die Größe und Bedeutung, aber auch die Belanglosigkeit und die Nebensächlichkeit der Gottesfrage für uns heute Lebende. Für mich ist es auch ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Alltagsatheismus, der sogar Menschen erfassen kann, die sich als gläubig ansehen.

Mich hat dieses Gedicht jedenfalls gerade so erfasst, dass ich es euch einfach zur Meditation überlasse und im Anschluss nichts mehr kommentiere oder interpretiere.

Samstag, 6. März 2021

Schmeiß raus, was dich kaputt macht. Kommentar zum Evangelium am 3. Fastensonntag

Gott will uns in der Fastenzeit herausfordern – gut ablesen kann man das am Evangelium: Jesus taucht auf als ein Zerstörer. Er vertreibt die zum Verkauf stehenden Tiere aus dem Tempel und kippt das Geld auf den Boden.

Jesus schmeißt all das aus dem Tempel, was die Menschen ablenkt vom Eigentlichen. Nicht die Opfertiere und nicht die genau berechneten Geldgaben sind entscheidend für die Gottesbeziehung.

Für die Fastenzeit gesprochen: Sie bietet die Chance, Jesus Raum zu geben, damit er all das rausschmeißt, was uns hindert, Gott wieder näher zu kommen.

Sonntag, 31. Januar 2021

Meine Dämonen erkennen Gott am besten. Notiz zum 4. Sonntag im Jahreskreis

"Ich weiß, wer du bist: Der Heilige Gottes." schreit der Dämon Jesus im Evangelium (Mk 1,21-28; hier: 24) entgegen. Es ist also das Böse in diesem besetzten Menschen, das fähig ist, Gottes Kraft und Gottes Liebe zu erkennen.

Psychologisch ausgelegt hieße das: Mein Stolz, meine Wut, meine Ungeduld, mein Ehrgeiz, meine Verzweiflung ... – diese meine "Dämonen" erkennen Jesus besser als mein guter Wille, meine Frömmigkeit, mein nettes Wort...

Ist das tatsächlich so? Und warum mag das so sein?

Freitag, 15. Januar 2021

Vergeblich großzügig. Ein Radiowort

In dieser Woche wird täglich ein kurzes Wort für den Tag auf rbb Antenne Brandenburg (9:10 Uhr), rbb Kultur (6:45 Uhr) und rbb 88.8 (5:55 Uhr) von mir gesendet. Hier der Text des heutigen Wortes:

Sonntag, 3. Januar 2021

Gott geht zelten. Der Logoshymnus und die dreckige Kirche

Im fantastischen Logos-Hymnus vom Anfang des Johannes-Evangelium wird die ganze Weihnachtsgeschichte noch einmal in eher philosophischen Worten präsentiert. Auffällig ist dabei, dass im griechischen Text zwischen lauter abstrakten Vokabeln wie Anfang, Wort, Leben und Licht auch vom Zelten die Rede ist.

Samstag, 19. Dezember 2020

Heilszeit 19 – Echt in "Herkunft" von Saša Stanišić

Dieser Textabschnitt hat mich auf das Thema dieses Adventskalenders gebracht.

Saša Stanišić schreibt autobiographisch erzählend von sich und von seinen Ursprüngen, vom Weggehen, vom Ankommen, vom Zurückkehren und immer wieder auch von der Familie.

Freitag, 18. Dezember 2020

Heilszeit 18 – Ganzheit in "Hölderlins Geister" von Karl-Heinz Ott

Ganzheit und allumfassenden Sinn wünschte sich der Dichter Friedrich Hölderlin. Davon raunt es in nahezu all seinen Werken, wie Karl-Heinz Ott in "Hölderlins Geister" breit auffächert. Unter Bezugnahme auf Hölderlins Zeitgenossen, Vorläufer und spätere Nach-Denker zeigt Ott die mystisch-mythischen Vorstellungen Hölderlins auf – und ihre Grenzen.

Montag, 7. Dezember 2020

Heilszeit 7 – Abschied in "Serpentinen" von Bov Bjerg

Das Erzähler-Ich dieses Buches ist geprägt von Selbstzerstörungsimpulsen und dem Leiden an einer kaputten Familie. Dazwischen blitzen immer wieder Momente einer Versöhnung auf – aber auch Gewaltfantasien. Wie in Serpentinen geht es hin und her, manchmal haarscharf am Kollaps vorbei.

So wie hier, wo es am Ende zu einer hellsichtigen Erinnerung kommt:

Donnerstag, 8. Oktober 2020

Gutes nicht übersehen! Zum Tod von Ruth Klüger

Nachdem ich bei meinem Freiwilligendienst vor fast zwanzig Jahren in der Ukraine mit vielen Überlebenden aus deutschen Konzentrationslagern zu tun hatte, las ich sehr eine Menge KZ-Erinnerungen.

Kein Zeugnis hat mich so nachhaltig beeindruckt wie das von Ruth Klüger, die am 6. Oktober diesen Jahres in Kalifornien gestorben ist.

Die analytische und völlig unpathetische Weise, den Schrecken ihrer Erfahrungen zu schildern, driftet nie ins Unpersönliche oder Empathielose. Trotz aller kritischen Härte spricht große Menschlichkeit und Weisheit aus ihrem Erinnerungsbuch "weiter leben".1

Beim Durchblättern meiner vor einigen Jahren erst gelesenen Ausgabe habe ich gerade eine Reflexion wiederentdeckt, die mich damals sehr nachdenklich machte.

Donnerstag, 1. Oktober 2020

Mauern vor dem Himmel. Die Schattenzeiten der Theresa von Lisieux

Schein und Wirklichkeit klaffen bisweilen weit auseinander.

Besonders wenn es um Heilige geht, stellen wir uns gern glaubensstarke Persönlichkeiten vor, die heroisch Gutes tun und vorbildliche Gottesbeziehungen pflegen.

Entsprechend groß war der allgemeine Schrecken über das erschreckend dunkle Glaubensleben der Mutter Teresa von Kalkutta, wie es vor einigen Jahren in ihren veröffentlichten Tagebüchern zum Ausdruck kam.

Aber auch die "Selbstbiographischen Schriften"1 der so genannten "kleinen" Theresa von Lisieux bringen dies zum Ausdruck. Schwach und kränklich wie sie ist, schreibt sie im Auftrag der Priorin Marie de Gonzague im Juni 1897 ihre Lebens- und Glaubensgeschichte auf.

Samstag, 19. September 2020

Supergerechtigkeit. Gefangen im Weinberg

Wie wird man einem Menschen und seinem Tun gerecht?

So fragt beispielsweise das Sonntagsevangelium (Mt 20,1-16) von der Bezahlung der Arbeiter im Weinberg.

Ich möchte auf diese Frage mit einer Provokation aus meiner Arbeitswelt antworten:

Gerecht wäre es, Menschen, die wegen eines Verbrechens inhaftiert sind, besonders anständig und zuvorkommend, besonders freundlich und hilfsbereit zu behandeln und ihnen besonders gute Chancen zu geben, sich weiter zu entwickeln.

Das ist erklärungsbedürftig: Wenn sie es zuvor nicht geschafft haben, (selbst)verantwortlich zu leben, werden sie es wohl kaum lernen, wenn sie in einer Haftanstalt wenig bis keine Möglichkeiten haben, auszuprobieren, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen.

Sie müssten also regulär die Möglichkeit bekommen, echte Verantwortung einzuüben, wo das heutige Gefängnis ihnen fast alle Entscheidungen abnimmt.

Sonntag, 6. September 2020

Zurechtweisung als Mittel der Konfliktlösung? Über das Evangelium Mt 18,15-20

Wie soll eine Problemlösung aussehen, wenn sie christlichen Idealen folgt?

Das Sonntagsevangelium (Mt 18,15-20) bietet eine Schrittfolge an, wie mit ungehörigem Verhalten unter Christen umgegangen werden soll, damit der einen Seite Vergebung, der anderen Umkehr zu möglich wird. Der Konflikt, also "wenn dein Bruder gegen dich sündigt" (v15), soll, wenn er nicht gelöst werden kann, immer weiter ins Öffentliche gebracht, um es dem, der da Unruhe in eine Gruppe gebracht hat, zu erleichtern, ohne (allzu großen) Gesichtsverlust sein Verhalten zu ändern. Erst wenn auch die immer größere Öffentlichkeit nichts gebracht hat, heißt es, „sei er für dich wie ein Heide oder Zöllner“ (v17), also nicht mehr zur Gemeinschaft dazugehörig.

Sicher geht es in manchen, seltenen Fällen, nicht anders. Aber Leute hinauszuwerfen ist ja auf Dauer keine Lösung.