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Freitag, 2. September 2016

Uralt-frischer Quell – Ein Gedanke von Hans Urs von Balthasar

Was nützt es uns heute, dass Gott sich vor 2000 Jahren in Jesus Christus gezeigt hat und was hat es mit unserem Leben zu tun?
So müssen sich wohl viele Nichtchristen (und Christen) fragen, denen nicht spontan ein tragfähiger Sinn aus der Gottesoffenbarung in Jesus Christus aufgeht. Zudem scheint sich der kirchliche Ballast theologischer Gedankengebäude aus vielen Jahrhunderten zwischen uns und dieses Ereignis zu drängen, so dass ein persönliches Angesprochensein durch Jesus Christus und seine Botschaft noch schwieriger wird.
Wenn sich in unsicheren Zeiten dann theologisch konservative Gruppen verstärkt auf den Wert kirchlicher Traditionen berufen, stellt sich die Frage, wie die Botschaft von Jesus noch als persönliches Wort an einen Menschen im Heute ankommen kann.

Dienstag, 23. August 2016

Christsein als Bundesgeschehen

In letzter Zeit kommt mir dieses Thema immer plausibler vor – dass für das Verständnis des christlichen Lebensvollzugs beim durch Gott vorgeschlagenen Bund anzusetzen ist, bei einem Bund, der seit den Bundesschlüssen, von denen das Alte Testament berichtet, bis zu jeder einzelnen heutigen Person reicht.

Schon unsere normale Bezeichnung für die beiden Teile der Bibel erinnert daran, denn es ist das "Wort 'Testament', das über das griechische diathéké das alttestamentliche Wort für Bund (beríth) wiedergibt".1 In den biblischen Büchern geht es mithin nicht um das Erzählen von Geschichten, sondern um das Zeugnis von diesem Bund Gottes mit den Menschen.
Joseph Ratzinger verweist in diesem Zusammenhang auf die rabbinische Theologie, nach der der Bundesgedanke sogar der innerste Grund der Schöpfung der Welt sei: "Der Kosmos wird geschaffen, nicht damit es vielerlei Gestirne und Dinge gebe, sondern damit ein Raum sei für den 'Bund', für das Ja der Liebe zwischen Gott und dem ihm antwortenden Menschen."2

Montag, 8. August 2016

"Komm, wir gehen für unser Volk!" Das jüdisch-christliche Martyrium der Edith Stein

Der Gedanke vom Mit-Leiden mit Christus als dem Gekreuzigten prägte Edith Stein so sehr, dass sie als Ordensnamen Teresia Benedicta a Cruce wählte, also "Theresia, die vom Kreuz gesegnete". Darin drückte sich einerseits ihre Verehrung für Teresa von Avila aus, deren Autobiographie sie 1921 zum entscheidenden Schritt in den christlichen Glauben bewegte, andererseits bezieht sie sich mit diesem Namen auf Johannes vom Kreuz, dessen Werk sie in ihrer "Kreuzeswissenschaft" systematisch durchdeklinierte.

Schließlich aber wird ihr Name auch sprechend und ganz und gar praktisch durch ihr eigenes Sterben am 9. August 1942 in Auschwitz.
Doch klargestellt werden muss auch: Edith Stein, die Christin gewordene Jüdin, die Philosophin und Karmelitin, wird ermordet, weil sie Jüdin war, nicht weil man ihr Christsein bestrafen wollte. Insofern ist sie eines der vielen Opfer des Rassenantisemitismus der Nationalsozialisten, der auf das Bekenntnis nicht achtete, sondern nur auf die biologische Herkunft.

Sonntag, 7. August 2016

"Bleib treu und geh." Über Polens katholische Kirche – Ein Nachtrag zum Weltjugendtag

Gerade bin ich aus Krakau zurückgekommen.
Der Weltjugendtag war bei unserer Ankunft zwar schon vorbei, aber die Atmosphäre der Stadt war durch noch umherziehende Pilgergruppen, Tanzgesänge des Neokatechumenats und vor allem die allgegenwärtige Beschilderung noch noch stark geprägt von diesem Ereignis.
Schon im letzten Jahr hatte ich einige Reflexionen zur aktuellen innenpolitischen Rolle der Kirche geschrieben, jetzt möchte ich noch einen weiteren kurzen Blick auf die besondere Rolle der katholischen Kirche in Polen werfen.

Samstag, 23. Juli 2016

"Bittet und euch wird gegeben." Eine Gegendarstellung und ein Erfahrungsbericht

Gestern Nacht wurden in München unter dem Hashtag #offenetueren Menschen, die ohne den Nahverkehr nicht mehr nach Hause kamen, auf Übernachtungszüge, Privatquartiere und nicht zuletzt auf Münchner Moscheen hingewiesen, in denen man Untschlupf finden konnte, solange die Lage nach dem Amoklauf noch nicht geklärt war.
Das war einfach die Herausforderung, angesichts einer solchen Greueltat Menschlichkeit zu beweisen und das Sonntagsevangelium (Lk 11,1-13) zu leben!
Denn eigentlich fordert es den Widerspruch geradezu heraus: "wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet." (v10)
Die Erfahrung, dass gerade dies nicht geschieht, kennt wohl jeder.
Darum möchte ich zunächst eine diese negative Erfahrungsperspektive bestätigende Antigeschichte zum Evangelium präsentieren und dann einige positive eigene Erfahrungen aus der Ukraine kundtun, die das Gegenteil zeigen.

Mittwoch, 20. Juli 2016

Planungen für ein neues Deutschland. Christliche Widerstandsmotivation im Kreisauer Kreis

Der 20. Juli 1944 hat sich im öffentlichen Gedächtnis nicht nur mit Stauffenbergs Attentat auf Hitler, sondern auch ganz allgemein mit dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus verbunden. Dabei gab es neben dem eher aristokratisch-konservativen Widerstand um Stauffenberg auch andere Gruppen, die eher kommunistische, christliche oder sozialdemokratische Motive hatten. Der gemeinsame Nenner, auf den diese Widerstandsgruppen zu bringen sind, wären damit weder ihre Methoden, noch ihre kurz- oder langfristigen Ziele, sondern nur der Gegner.

Ein herausragendes Beispiel der Zusammenarbeit von Widerständlern ganz unterschiedlicher Herkunft und Stellung war der Kreisauer Kreis, der sich seit 1940 um den Völkerrechtler Helmuth James von Moltke sammelte. Neben Sozialdemokraten wie Julius Leber und Adolf Reichwein fanden sich dort evangelische und katholische Theologen wie Eugen Gerstenmaier, Harald Poelchau und Alfred Delp, aber auch adlige Militärs wie Peter Yorck von Wartenburg oder eben der Jurist Moltke selbst. Abwägend-zurückhaltende Kontakte zum konservativen Goerdeler-Kreis bestanden ebenso wie zur Stauffenberg-Gruppe.

Samstag, 16. Juli 2016

Spaltung vs. Abgrenzung. Eine Frage auch für Jesus

Panzer rollen auf den Straßen. Bewaffnete Uniformträger patrouillieren. In der Türkei standen sich heute Nacht putschende Militärs und erdogantreue Zivilisten im Ringen um die Vorherrschaft im Land gegenüber.
Unfassbar eigentlich in einem Staat, der die EU-Mitgliedschaft jedenfalls pro forma noch anstrebt. Und was Nachrichtensendungen immer wieder konstatieren, ist eine von Kurdenkrieg und Autoritarismus gespaltene Gesellschaft.
Eine solche Tendenz zur Spaltung zeigt sich unter verschiedenen Voraussetzungen dieser Tage ja allerorten: Österreich und seine Präsidentenwahl, Großbritannien und sein Brexit-Votum, die EU und ihre Flüchtlingspolitik, der Islamistische Terror gegen alle, die USA und ihre Rassenfrage, Polen und Ungarn und ihr nationalistischer Rollback, und nicht zuletzt Deutschland mit Pegida und AfD ...

Freitag, 15. Juli 2016

Immerwährendes Gebet vor dem Abgrund - "Die Markus-Version" von Péter Esterházy

Kurz vor seinem gestrigen Tod habe ich das letzte Buch von Péter Esterházy gelesen: "Die Markus-Version". Es handelt sich um eine formal sehr extravagante Geschichte, in der ein sich taubstumm gebenden Junge als Ich-Erzähler von sich und seiner Familie im kommunistischen Ungarn erzählt. 

Die fromme Großmutter und die vertriebenen Großbauern, der trinkende Vater und die distanzierte Mutter, der auftrumpfende Stiefbruder und immer wieder sexuelle Gewalt werden auf gut 100 Seiten angedeutet und zu einem irrlichternden Panorama über existenzielle Fragen von Glauben und Unglauben aufgestellt. Daneben öffnet Esterházy immer wieder Teile des Geschehens auf das Markus-Evangelium hin und lässt den Ich-Erzähler in eine sehr eigenwillige Identifikation mit dem unverstandenen und leidenden Jesus gleiten.

Samstag, 9. Juli 2016

Begegnungen mit einem blutenden Gott oder nur Dekonstruktion? "El Siglo de Oro" in der Gemäldegalerie Berlin

"Ich krieche fast hinein, aus solcher Nähe betrachte ich den am Kreuz hängenden Körper. Er ist von Nägeln durchschlagen, das Handgelenk und der Fußrücken. Rote Farbe ist aufgetragen, das ist das Blut. Auf dem Kopf eine Dornenkrone, auf dem Gesicht Blutstropfen. Ich würde sie abkratzen, doch ich habe Angst, ihn anzufassen. Gottes Sohn, das ist gefährlich."1

Solch eine emotionale Nähe zu Darstellungen des Gekreuzigten, wie sie Peter Esterhazy in seinem letzten Buch beschreibt, wirkt heute nahezu unverständlich – und doch können solche für den religiösen Gebrauch bestimmten Werke sogar im musealen Kontext eine erschreckend-berührende Kraft entfalten, wenn man beispielsweise die Skulptur des gekreuzigten Leichnams Jesu von Gregorio Fernández in der Ausstellung "El Siglo de Oro" in der Gemäldegalerie Berlin betrachtet und umschreitet. Und es gibt gleich eine ganze Reihe solcher Werke in dieser Ausstellung zu sehen.

Sonntag, 3. Juli 2016

An Hiobs Seite - Elie Wiesel zum Gedächtnis

Elie Wiesel ist tot.

Der Autor und Friedensnobelpreisträger, dem das eigene Überleben in Buchenwald und das massenhafte Sterben seines Volkes angesichts eines schweigenden Gottes zum beherrschenden Thema seiner Schriften wurde, er ist nun im Alter von 87 Jahren gestorben.

Sein aus tiefer jüdischer Frömmigkeit inspiriertes Werk verdient es nach meiner Meinung, wieder und wieder gelesen zu werden. Denn in seinen Romanen und Erinnerungen, Essays und Reden spiegelt sich das Ringen eines Versehrten um den Gott Israels mitsamt den Zweifeln am Bundesversprechen gegenüber seinem Volk, das sich im Holocaust dann so verlassen fühlte.

Freitag, 24. Juni 2016

"Bis ins Wurzelwerk" - Brexitlyrik

Nun ist es also geschehen.
Das britische Wahlvolk hat mit knapper Mehrheit für den Austritt seines Landes aus der EU gestimmt. Der Vertrag, der Europas Völker zusammenführen wollte, wurde konterkariert und hat zu einer Abstimmung über Geld und Handel, voller Selbstbehauptungsdrang und Misstrauen geführt.

Dabei gibt es wenig, was Menschen in der abendländischen Geschichte mehr geprägt hat, als der Gedanke vom Bund – sei es der Bund einzelner Menschen, der Bund zwischen Völkern oder der Bund Gottes mit den Menschen.

Dienstag, 21. Juni 2016

Degradierung Gottes zum Bettler

Das passiert mir nicht so oft: Ich hänge noch etwas an einer meiner eigenen Formulierungen fest. Denn auf die Frage, wer Jesus für mich ist, schrieb ich unter anderem, dass er ein "Bettler am Rande meines Alltags“ sei.

Und je länger ich dem nachhänge, desto mehr muss ich zugeben, dass es nicht selten genau so ist: Gott steht am Rande meines alltäglichen Lebens und ich lasse ihn dort stehen. Da steht er und bittet, dass ich ihm Zeit schenke, damit er an meinem Leben teilhaben kann. Ich aber erkenne seinen Anspruch nicht an – oder ignoriere ihn.

Freitag, 17. Juni 2016

Selbstkritik als politische Tugend – Über Polen und Deutsche

Zurückblicken heißt immer auch, Geschichte zu deuten – gerade in Polen und Deutschland jedoch kommt es durch die verschiedenen Perspektiven auf die Geschichte regelmäßig zu Konflikten. In diesem Jahr allerdings wird am 17. Juni besonders an 25 Jahre freiwillige gute Nachbarschaft mit den Polen erinnert.

Was Deutsche, jedenfalls zu Teilen, in ihr kollektives Gedächtnis aufgenommen haben, ist eine (auf anderen Feldern bisweilen arg vernachlässigte) politische Tugend: die der Selbstkritik.
Als historisch angewandter Perspektivwechsel bezeichnet sie die Fähigkeit, sich auch mit den Schattenseiten der eigenen Kultur auseinander zu setzen. So kann sie bestenfalls Gewissen schärfen und Verantwortungsbereitschaft nähren.

Dienstag, 7. Juni 2016

Mein Unglaube steht auf


... und verlässt den Raum. Immer mal wieder. Aber er kommt auch verlässlich wieder herein.

Jedenfalls der praktische, der alltägliche Unglaube.


Meine religiösen Überzeugungen und Vernunftgründe dagegen bleiben schön an ihrem Platz und gaukeln mir meine Religiosität vor. Ob sie sich den Raum teilen müssen mit meiner faktischen Gottlosigkeit schert sie meistens nicht. 

Sonntag, 29. Mai 2016

Jugendweihe als Gegenkirche - "Hier unten leuchten wir"

Nun also das absolute Gegenprogramm zum Katholikentag. Am Samstag habe ich in Thüringen einer Jugendweihefeier beigewohnt und konnte dem Kontrast durchaus einiges abgewinnen. Wobei es gar nicht nur ein Kontrast war, sondern in manchen Äußerlichkeiten durchaus nahe an den kirchlichen Feiern. 

Der Volksatheismus ist im Osten der Republik in manchen Gegenden so etabliert wie in anderen Gegenden die Großkirchen. Inzwischen kennen ein bis zwei Generationen nicht einmal mehr die Angebote der Kirchen aus eigenem Erleben und so kann die "Interessenvereinigung Jugendweihe e.V." in manchen Schulen um die 90% der Jugendlichen erreichen. Wer sich als Elternteil nicht von der Vergangenheit der Jugendweihe in der DDR abschrecken lässt, erlebt in den selbstbewusst gestalteten Feiern, die in Verantwortung des humanistischen Verbandes stattfinden, eine selbstverständlich auch auf die eigene über 150 jährige Tradition stolze Veranstaltung. 

Donnerstag, 26. Mai 2016

Ich und Wir und all die Anderen - Katholikentagsimpressionen

Unbeabsichtigt hat sich in meine Erlebnisse beim Katholikentag in Leipzig ein Thema eingeschlichen: ich. Und wir. Und ER. Und schließlich alle.
Nicht nur, dass ich, mal mehr, mal weniger zufällig, viele alte Freunde, Bekannte und Weggefährten getroffen habe, die mich an meine verschiedenen Leben erinnerten und beim Weitergehen ermutigten.
Auch die Veranstaltungen, die ich besucht habe, gingen in diese Richtung. Einige Eindrücke. 

Donnerstag, 19. Mai 2016

Der Heilige Geist relativiert alles – auch Bibel, Tradition und Amt

Wenn Pfingsten bedeutet, dass Gott selbst in seinem Geist mitten unter den Menschen gegenwärtig ist, dann bedeutet das eine Relativierung aller anderen Wege und Mittel, mit Gott in Verbindung zu treten, weil er ja schon unmittelbar da ist. Auch der wichtigsten christlichen Bezugsgrößen.

Freitag, 13. Mai 2016

Kernkompetenzen der Demokratie sind Gaben des Geistes

Neulich habe ich eine grandiose Kurzanalyse unserer Gesellschaft am Beispiel des Wissenschaftsbetriebes gelesen. Der Autor ist der Philosoph Michael Hampe von der ETH Zürich und er macht sich in der ZEIT (vom 04.05.) Gedanken über die Amoralität von Wissenschaftlern, deren genuine Aufgabe des "Wissensschaffens" er im Klima westlicher Konkurrenzgesellschaften nicht mehr ohne weiteres für möglich hält. Denn durch die Verallgemeinerung und Vulgarisierung der ökonomischen These von Adam Smith, wonach "das Streben nach partikularem Eigennutz und die sich daraus ergebende Konkurrenz auf Märkten den allgemeinen Wohlstand fördere", sieht er "einen narzisstischen Persönlichkeitstyp" mit einem "starken Willen zur Durchsetzung eigener Interessen" begünstigt.

Das wiederum behindere insbesondere wissenschaftliche Arbeit, weil für diese einige demokratische "Kernkompetenzen" nötig seien, die er anschließend benennt.

Dienstag, 10. Mai 2016

Entstehung neuer Glaubensräume? – Eröffnung eines Pastoralen Raumes in Berlin

Gerade habe ich einen außerordentlichen Gottesdienst in der Kirche St. Richard im Norden Neuköllns besucht, Erzbischof Koch und Teile des Ordinariats, viele Hauptamtliche aus den Pfarrgemeinden und anderen Orten kirchlichen Handelns waren vor Ort und es wurde Eucharistie gefeiert.

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Ich hatte ein eigenartiges Gefühl dabei: man feiert den Beginn einer so genannten "Entwicklungsphase", weil eine Umstrukturierung der kirchlichen Arbeit vorgenommen werden muss, die auf größtenteils nicht beeinflussbaren Umständen fusst. Es drängt sich also der Eindruck auf, dass nicht aus eigener Entscheidung heraus, sondern aus der Notwendigkeit der Fakten gehandelt wird, die auch auf der Homepage des Erzbistums benannt werden: "Ein verändertes Verhältnis des modernen Menschen zu Glaube und Kirche, die Nöte der Zeit, der demographische Wandel, die sinkende Zahl der Priester".