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Donnerstag, 13. April 2017

Karfreitag – Das Gebrochensein liegt der Kirche in den Genen

Vorbemerkung: In diesem Jahr darf ich zu den Hohen Tagen dreimal im Gefängnis Gottesdienste feiern und predigen, darum nutzen die Texte bisweilen die Form der Anrede und beziehen sich dabei immer wieder auf das Leben im Gefängnis. Dennoch wird nicht alles genauso gesagt werden, manche Dinge stehen hier nur, damit ich sie im Hinterkopf habe, wenn ich mich auf das freie Sprechen vorbereite.

Am Karfreitag erinnern wir uns an den gewaltsamen Tod des Jesus aus Nazareth vor knapp 2000 Jahren. Natürlich erinnern wir uns deshalb an ihn, weil wir als Christen der Meinung sind, dass sein Tod damals etwas mit uns zu tun hat. Aber was genau sollte uns dieser Tod angehen – und was kann er uns sagen, selbst wenn wir nicht die frömmsten Christen wären?

Ich möchte mit drei Gedanken versuchen, auf diese Frage einzugehen.

Samstag, 1. April 2017

"Soviel Licht gibt es nicht auf der Welt" – Peter Høeg und Lazarus

In seinem Roman "Der Plan von der Abschaffung des Dunkels" erkundet Peter Høeg die Auswirkungen der brutalen Erziehungswelt in einer dänischen Internatsschule auf das Leben der Heranwachsenden.
Das gesellschaftlich-pädagogische Ideal der Integration von leistungsschwachen, sozial auffälligen und straffällig gewordenen Schülern in eine Schule "für alle" wird konterkariert von der abgrundtiefen Isolation, in die die auf Angst gegründete übergriffige Pädagogik diese Kinder treibt. Das Buch bedient sich dabei regelmäßig der Bilder von Licht und Dunkel, Innen und Außen – und der Grenze, auf der sich der Ich-Erzähler Peter dabei sieht.

Dienstag, 28. März 2017

Säge oder Brot - Wie teilen richtig geht.

Kreuz, Säge, Brot. Grünheide, 2017.
Beim Blick auf das so genannte Mahl Jesu mit den Sündern (Mt 9,9-13) fielen mir für einen Schülergottesdienst dieser Tage zwei Symbole ein, die die Grundbewegungen dieser Begegnung einfangen.

Da ist einmal Jesus, der durch das gemeinsame Mahl Gemeinschaft mit den Sündern herstellt.
Symbolisch dafür - das Brot, das geteilt wird und auf diese Weise eine Verbindung zwischen den Teilnehmern des Mahles schafft.

Auf der anderen Seite die Pharisäer mit ihrem Wunsch nach rdentlicher Einhaltung der Grenzen und ihrem Ärger über den offensichtlich viel zu weitherzigen Jesus.
Symbolisch dafür - die Säge, die ebenfalls teilt, auf diese Weise aber Trennung bewirkt.

Mittwoch, 22. März 2017

Kreuzwegbetrachtung - Was macht es mit mir, wenn jemand meinetwegen freiwillig leidet?

Im Gefängnis habe ich heute eine Passionsandacht zu dem nebenstehenden Bild angeboten.

Jesus trägt das schwere Kreuz.
Schattenbild, 2015.
Meine Ausgangsfrage war die im Titel genannte, die sich natürlich vor allem an den Leidensweg Jesu anschloss: Was macht es mit mir, wenn jemand meinetwegen freiwillig leidet?

Aus der Lebenssituation der Anwesenden heraus kommt der Impuls:
Dass durch die Inhaftierten andere Menschen leiden mussten, die das gerade nicht wollten, ist in vielen Fällen sehr eingängig.
Dass aber jemand freiwillig um meinetwillen leidet, scheint zunächst nicht ganz so klar. Aber natürlich gibt es eine Menge Partner, Verwandter oder Freunde, denen es unter Umständen schlecht geht und die leiden, weil jemand nicht da ist und im Gefängnis sitzt.
Schon das macht viele der Inhaftierten unglücklich, wenn sie sich vorstellen, dass sie daran mitschuldig sind.

Das freiwillige Dranbleiben und Investieren von Herzblut seitens derer, die eigentlich nicht bestraft werden sollen, diese Zugewandtheit und Liebe, aus der dann oftmals viel Leid entsteht, ist vielleicht auch eine Weise, wie wir uns Jesus und seinem freiwilligen Leiden für uns nähern können.

Samstag, 18. März 2017

Die Grenzen und die tiefe Sehnsucht. Über Jesu Gespräch mit der Samariterin (Joh 4)

Das Gespräch am Jakobsbrunnen aus dem Evangelium des Sonntags (Joh 4,5-42) hat exemplarischen Charakter. Der Evangelist Johannes stellt anhand der Begegnung Jesu mit der Samariterin heraus, dass Menschen mit einer existenziellen Frage oder einer tiefen Sehnsucht im Herzen bei Jesus Gottes Heil und ein Leben in Fülle finden können.

Im Verlauf des Gesprächs erkennt die Frau Jesus in immer tieferem Maße – zunächst ist ihr nur klar, dass er als „Jude“ auf sie zutritt (v9). Nach einigen Sätzen fragt sie sich (und ihn) schon, ob er denn größer als ihr gemeinsamer Vorvater Josef sei (v12) und kommt zum Schluss, dass er ein „Prophet“ sein müsse (v19). Als er dann von der Zeit spricht, in der Gott unabhängig von einzelnen Anbetungsorten und -formen zu finden sei, erwähnt sie den verheißenen „Messias“ – als der er sich ihr sogleich zu erkennen gibt (v25.26). Das alles führt schließlich zum Bekenntnis der ganzen Stadt zu Jesus als dem „Retter der Welt“ (v42).

Montag, 13. März 2017

Dornbusch und Dornenkrone

Wie wurde Gott erlebbar für diejenigen, die die Bibel schrieben? Konkret: wie erfuhr das Volk Israel in den Höhen und Tiefen seiner Geschichte, in Aufstieg und Fall, dass Gott ihm nahe ist?

Es gibt zwei Richtungen, die ich beispielhaft benennen möchte: Gott und seine Führung werden greifbar sowohl in der Einnahme Jerichos, und damit in einer Episode militärischer Größe als auch im Verlust des Landes und dem Elend des Babylonischen Exils. Beide Erfahrungen deutet die Bibel als Zeichen und Eingreifen Gottes. Nicht nur Spitzenerfahrungen zeigen, dass Gott da ist, sondern auch Niederlagen.

Dienstag, 7. März 2017

"Brüder, die auf verschiedenen Wegen gehen" Jehuda Bacon und der jüdisch-christliche Dialog

Die derzeit stattfindende „Woche der Brüderlichkeit“, die die Beziehung zwischen Juden und Christen stärken und vertiefen soll, rutscht bei mir meistens unter die Wahrnehmungsgrenze.
Dabei ist der Dialog zwischen Juden und Christen genauso nötig wie die theologische und lebenspraktische Auseinandersetzung mit dem Islam.

Deshalb sei an dieser Stelle ein Zeuge vorgestellt.
Er bietet eine weniger von theologischen und aktuellen religionsdialogischen Diskursen aufgeladene Perspektive, sondern schöpft aus seiner Lebenserfahrung und persönlichen religiösen Reflexionen, die von dieser Erfahrung gesättigt und von jüdisch-rabbinischem Geist gefüllt sind.

Montag, 27. Februar 2017

Karneval, der – sorgenfreie Zeit vor Aschermittwoch


Weihnachten ist vorbei!
Richardplatz, Neukölln, Berlin 2017.
Karneval ist für mich im Wesentlichen nur „die Zeit davor“. Also die Zeit vor der Fastenzeit.

Nicht dass ich kein fröhlicher Mensch wäre, aber die Ausgelassenheit der Faschingsumzüge und Karnevalssitzungen geht mir einfach ab. Ich muss nicht bemützt oder maskiert endlich jemand anders sein, nicht knallhart die Sau rauslassen und auch kein Gegenfundament zu den folgenden 40 Tagen der Ostervorbereitung legen.

Andere dürfen das selbstverständlich gern machen. Mir selber fällt dafür im Nachklang zum Evangelium des gestrigen Sonntags auf, dass die angestrebte Sorgenfreiheit der Faschingspartys auch (wen wundert‘s) dem Gebot Jesu entspricht: „Macht euch keine Sorgen!“ (Mt 6,31)

Samstag, 18. Februar 2017

Vollkommen – Das christliche Gottesbild als Aufgabe

Im Evangelium des heutigen Sonntags (Mt 5,38-48) setzt Jesus noch einen drauf: Seine Worte aus der Bergpredigt sind der Höhepunkt! Der ethische Maximalanspruch des Christentums! Das Alleinstellungsmerkmal!

Lass dich von deinem Aggressor noch einmal schlagen! Gib nicht nur das juristisch Geforderte, sondern sogar noch mehr! Begleite freiwillig den, der dich unter Zwang zum Mitgehen fordert! Und schließlich: Halte den, der dir Böses will, nicht nur aus, sondern schließ ihn in dein Herz!

Für die einen sind diese Imperative völlig verstörend und abseitig, für die anderen der entscheidende Grund, sich der christlichen Botschaft zuzuwenden.

Jesu Forderungen sind, das ist ganz klar festzuhalten, eine moralische Überforderung für den Menschen. Es handelt sich nicht um intuitiv einsichtige Gebote, wie das Gebot, nicht zu töten. Aus Respekt vor dem Leben kein Leben auszulöschen, das leuchtet ein.
Aber die Aussagen im heutigen Evangelium widersprechen der Alltagsrationalität radikal, führen sie doch, konsequent weitergedacht, in die Selbstaufgabe. Kann das gefordert werden?

Freitag, 10. Februar 2017

Auf wen schaut Jesus hinter Gittern?

Im Gefängnis versuche ich auf verschiedene Weise, meinen Gesprächspartnern die aufrichtende Botschaft des Gottes Jesu Christi nahezubringen. Wenn es mir sinnvoll erscheint, spreche ich von Gott, ich verzichte dabei allerdings meist auf konkrete biblische Texte. Bisweilen suche ich aber Anregungen bei der in den Evangelien überlieferten Person Jesu.

In letzter Zeit ist es eine bekannte Perikope aus dem Markusevangelium, die ich als Hilfe anbiete, weil mein Gedanke dazu hoffentlich auch für kirchenferne Menschen (und das ist der Hauptteil derer, mit denen ich Kontakt habe) anschlussfähig ist.

Samstag, 21. Januar 2017

First things first! – Die zwei unterschiedlichen Visionen von Trump und Jesus

Kopf an! Museumsinsel Berlin, 2016.
"Von da an begann Jesus zu verkünden: Kehrt um. Denn das Himmelreich ist nahe." (Mt 4,17)

Und Präsident Trump sprach zu der versammelten Menschenmenge: "Vom heutigen Tag an wird eine neue Vision unser Land regieren. Vom heutigen Tag an wird es nur noch Amerika zuerst heißen, Amerika zuerst." (Antrittsrede, 20.01.2017)

Als er Simon und Andreas sah, "sagte er zu ihnen: Kommt her, folgt mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen." (Mt 4,19)

Und im Angesicht der Menschen sprach er: "Ich werde mit jedem Atemzug meines Körpers für euch kämpfen, und ich werde euch nie hängenlassen. ... Alle Amerikaner in jeder Stadt, nah und fern, groß und klein, von Berg zu Berg, von Ozean zu Ozean, hört diese Worte. Ihr werdet niemals mehr ignoriert werden. Eure Stimme, eure Hoffnungen und eure Träume werden unser amerikanisches Schicksal bestimmen. Und euer Mut und eure Tugend und Liebe wird uns für immer auf diesem Weg leiten."

Dienstag, 17. Januar 2017

Absage an den Nationalismus und Lob der Vielfalt (mit Jan Twardowski)

Ich gebe gleich zu Beginn zu, dass es sich hier um eine unausgewogene Mischung aus lyrisch-exegetischer Quacksalberei und politisch-zeitgeschichtlichem Kommentar handelt und dass diese Unentschiedenheit ganz eindeutig eine Schwäche der folgenden Zeilen sein wird.

Dennoch!


Es gehörte in den letzten Monaten zum guten liberalen Ton und ist sicher auch in Maßen sinnvoll, sich über den Aufstieg der AfD aufzuregen. Wenn es aber in Deutschland eine Partei gibt, die sich eindeutig und ausschließlich rechtsradikalem Gedankengut verschrieben hat, dann ist es die heute vom Bundesverfassungsgericht offiziell als eindeutig nicht verfassungskonform deklarierte NPD, der organisatorisch gleichwohl abgesprochen wird, dass ihr Handeln derzeit zum Erfolg führen könne.

Freitag, 6. Januar 2017

Drei Könige: Neuausrichtung – Leitung – Blockadenüberwinder

Es sind drei Gedanken, die am zweiten großen Fest des Weihnachtsfestkreises zu Besuch kommen.

1. Neuausrichtung
Den ganzen Advent über ging es darum, dass der kommende Herr einen Platz findet. Die Spiritualität der Vorbereitung auf das Fest der Geburt Jesu wird geprägt von der Herbergssuche in den Herzen und der Zubereitung eines wachsam-offenen Geistes zu diesem Zweck.
Nun bekommt das Denken – ganz passend neujährlich – eine neue Richtung. Denn jetzt sind nicht wir die Erwartenden, sondern dürfen uns auf dem Weg zum göttlichen Neugeborenen wissen, das seinerseits einen Besuch erhalten soll.

Mittwoch, 28. Dezember 2016

Kontrastprogrammschwankungen zwischen den Jahren

Weihnachten, das sind sowieso schon immer Kontraste, und dieses Jahr nun besonders deutliche, die zu benennen fast schon platt ist:
Deutsche Gemütlichkeit im Familienidyll bei der Geburtstagsfeier eines obdachlosen und unehelichen Kindes.
Dazu Terror und Gewalt in Aleppo, in Berlin und anderswo, während man zwischen den Jahren endlich entspannt die freien Tage genießen will.
Gesang von der stillen Nacht, die (jedenfalls in Berlin) schon von Böllern torpediert wird.
Wo das Familienidyll nur Sehnsucht bleibt, sind besonders heftige Auseinandersetzungen an der Reihe.
Von all den anderen Reibepunkten des Weihnachtskapitalismus und der Glühweinseligkeit mit der christlichen Botschaft ganz zu schweigen.

Samstag, 24. Dezember 2016

Make mankind great again! Gottes Weihnachts-Slogan

Seit ich als Gefängnisseelsorger arbeite, fragen mich immer wieder Menschen, was denn die Inhaftieren von mir wollen, wenn sie um ein Gespräch bitten. Ob sich denn Viele bekehren würden, ob Menschen ihr Gewissen erleichtern wollten.
Wenn ich dann sage, dass ich oft einfach ein Bedürfnis sehe, mit jemandem zu sprechen und jemandem ein familiäres oder ein sonstiges Problem zu erzählen oder eine Frage loszuwerden, findet man das zwar interessant, aber eben nicht besonders spektakulär. (Vom Wunsch nach Tabak und Kaffee einmal abgesehen...)
Tatsächlich ist es ja eine spannende Sache, dass aus diesem kleinen Kind, auf das wir an Weihnachten schauen, am Ende eine Religion entstehen wird, in deren Auftrag ich jetzt im Rahmen des Justizvollzugs tätig bin und Menschen auf einem kleinen Abschnitt ihres Lebens begleite.
Wir feiern die Geburt dieses Mannes aus dem Volk Israel, wegen dem ich heute einen Gottesdienst feiere und der heute noch Menschen dazu bringt, einander ihr Leben zu erzählen, einander ein Stück zu begleiten, einander zuzuhören.
Natürlich ist das Erzählen und Hören nicht nur Jesus geschuldet und vielleicht könnte das auch irgendwie anders möglich sein. Aber schon dann, wenn es allein das wäre, was Jesu Geburt gebracht hat, dass Menschen einander mehr zuhören, wäre das doch klasse.

Freitag, 25. November 2016

Schluss mit der Trickserei! – Advent ist nahe

Es geht auf den Advent zu und die Welt scheint schon in den Startlöchern zu sitzen. Allerorten (auch im Gefängnis!) wird Schmuck angebracht und erwartet, dass es endlich gemütlich wird.

Beim Blick in die biblischen Texte, die die Ankunft (denn nichts anderes bedeutet adventus ja) thematisieren, zeigt sich allerdings, dass es dabei oft um das unerwartete Kommen eines Rechenschaft einfordernden Herren geht.
Dementsprechend wird alles geordnet, die Bücher müssen stimmen, Zahlen werden schnell geprüft, Löhne ausgezahlt, denn wenn etwas nicht stimmt, wird es ungemütlich.

Freitag, 18. November 2016

Donald Trump und Kaiser Augustus – Literarische Parallelen

Die Unterschiede liegen natürlich klar auf der Hand: es herrschen völlig andere politische Verhältnisse, die Stellung der beteiligten Personen und auch die konkrete Vorgeschichte unterscheiden sich deutlich. Doch die Art und Weise, wie einige Personen im Roman „Augustus“ von John Williams handeln, und wie heute Donald Trump vor und nach der Wahl auftritt, weisen starke Parallelen auf.

Mittwoch, 16. November 2016

Sehen lernen mit Architektur - Der Kirchenneubau von St. Canisius in Berlin

Gerade habe ich einen Oasentag für das Kollegium einer katholischen Grundschule in Berlin gestaltet. Orte der Veranstaltung waren der Gemeindesaal und die Kirche von St. Canisius im Berliner Stadtteil Charlottenburg.
Weil ich die Architektur und Ausgestaltung dieses Kirchenneubaus von 2002 so schön finde, habe ich mir aus diesem Anlass einige Gedanken dazu gemacht und aufgeschrieben.

Montag, 7. November 2016

"Wohl denen, die großherzig sind" - Neue Seligpreisungen nach Avraham Ben Yitzhak

Dieser Tage hat Papst Franziskus in Schweden eine aktualisierte Fortschreibung der Seligpreisungen angeboten, die ich sehr ansprechend finde und die es wert wäre, hier besprochen zu werden. Ich möchte an dieser Stelle aber nur darauf hinweisen (hier) und den Anlass lieber nutzen, um eine ältere Reformulierung der Seligpreisungen vorzustellen, die von dem bereits erwähnten galizischen Autor Avraham Ben Yitzhak stammt.
Die folgenden, 1930 in Wien geschriebenen Zeilen stellen die letzte Gedichtveröffentlichung des Dichters dar.

Dienstag, 1. November 2016

Alle Heiligen ehren – und über Simone Weil stolpern

Entgegen landläufiger Meinung ist Heiligkeit keine menschliche Leistung, sondern ein Anteil an der Heiligkeit dessen, der allein heilig ist. Es ist ein Abglanz von Gottes Heiligkeit.

Nach katholischem Verständnis gehören zu den als Heiligen verehrten Menschen insbesondere jene, die Jesus zu seinen Lebzeiten berufen und in besonderer Weise gesandt hat, also die Apostel, jene, die ihr Leben für Christus gegeben haben, also die Märtyrer, jene, "die Christi Jungfräulichkeit und Armut entschiedener nachgeahmt haben"1 und damit ein heiligmäßig vorbildliches Leben führten. Deshalb müssen für eine Heiligsprechung Erhebungen "über das Leben, über die Tugenden oder das Martyrium und den Ruf der Heiligkeit bzw. des Martyriums, über behauptete Wunder sowie gegebenenfalls über eine althergebrachte Verehrung"2 angestellt werden.
Im Hintergrund steht die Überzeugung, dass Gottes Geist sich im Leben dieser Menschen besonders sichtbar geworden ist, in ihrem Leben, sagt das Konzil, "zeigt Gott den Menschen in lebendiger Weise seine Gegenwart und sein Antlitz."3