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Dienstag, 27. September 2016

Unfassbar anwesend. Gotteserfahrung und Liturgie

Auf einem Seminar zum Thema Liturgie habe ich neulich ein paar spontane Gedankensplitter zum Thema Gotteserfahrung, Liturgie und Liturgen zusammengefügt.

Samstag, 24. September 2016

Was braucht es denn noch alles, damit sich etwas ändert?

Das Evangelium des Sonntags (Lk 16,19-31) bietet eine Fülle von Themen: wo der arme Lazarus und der reiche Mann einander im Leben und im Tod gegenübergestellt werden, da wird Gottes Leidenschaft für die Armen und seine ausgleichende himmlische Gerechtigkeit angesprochen, bildhaft werden Vorstellungen von postmortalem Leben und Leiden illustriert, und die spannende Frage von einer eventuellen Verantwortung der Toten für die Lebenden taucht auf.

Von diesem letzten Punkt ausgehend möchte ich einem Gedanken nachgehen.
Der in Schmerzen leidende ehemalige Reiche bittet Abraham darum, seine Brüder zu warnen, dass es diesen nicht wie ihm ergehe. Doch Abraham erwidert ihm im letzten Satz des vorzulesenden Textes: "Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht." (v31)

Dienstag, 20. September 2016

Unentschieden – Von den Gefahren der Sehnsucht zu Jan Twardowski

Natürlich hat irgendjemand gewonnen. Irgendwie.

Und doch liegen die Ergebnisse von SPD, CDU, Grünen, Linken und AfD nach der Berliner Wahl am Wochenende so nah beisammen, dass ich den Eindruck bekomme, es sei eine Art Unentschieden.

Sonntag, 11. September 2016

Schwarze Schafe sind keine Feinde!

Die Beispiele Jesu im heutigen Evangelium (Lk 15,1-10) drehen sich um unterschiedliche Wertigkeiten – die Verlorenen werden von ihm so hoch geschätzt, dass daneben sogar das sicher Besessene verblasst.
Der Kontext dieser Aussagen ist ein Streitgespräch mit Schriftgelehrten, die sich darüber aufregen, dass Jesus mit Zöllnern und sonstigen Sündern abgibt. Der Prediger verglich dieses Vorgehen Jesu im heutigen Gottesdienst am Rande damit, dass es so wäre, wenn wir uns mit AfD-Leuten zusammen an den Tisch setzen würden.

Mittwoch, 7. September 2016

Von der Haltung eines Seelsorgers – Gedanken im Anschluss an Emmanuel Carrère

In diesen Tagen beginne ich an einer neuen Stelle zu arbeiten – ich werde als Gefängnisseelsorger in Berlin tätig sein und überlege seit längerem, welche Haltung ich dabei einnehmen will.
Passenderweise lese ich zeitgleich "Das Reich Gottes" von Emmanuel Carrère, ein autobiographisch-romanhaft-essayistisches Hybrid-Buch, das von Glauben und Nichtglauben handelt, von religiösen Erfahrungen und Anfechtungen eines kritischen Intellektuellen und davon, was das mit dem Urchristentum zu tun hat.
Zu diesem faszinierenden und eingängig geschriebenen Buch vielleicht später einmal mehr.

Hier geht es mir nur um den Anfangsteil, in dem der Autor sehr beeindruckend die Begegnungen mit seinen (ich formuliere mal sehr weit) spirituellen Begleitern und Mentoren beschreibt. Es handelt sich um seine Patentante Jacqueline, zu der eine ganze Reihe von Menschen mit ihren Problemen kommen, und um deren zweites Patenkind Hervé, der wiederum zum Freund des Ich-Erzählers wird.

Samstag, 3. September 2016

Gerufen. Von Mutter Teresas Heiligkeit.

Alle Welt redet plötzlich davon, wie man in der katholischen Kirche heilig wird, wie sinnvoll das Heiligsprechungsverfahren von Mutter Teresa ist, ob sie ein Vorbild sein kann, was das mit ihrer langjährigen Erfahrung der Gottesferne zu tun hat – und so fort.

Drei Sätze von ihr selbst zu diesem Thema, Sätze, die auch von vielen anderen ChristInnen stammen könnten, weil sie eine allgemeine Überzeugung des Christentums aussagen, die aber in dieser Version eben von ihr sind:
"Wir alle sind berufen, Heilige zu werden. An diesem Ruf ist nichts außergewöhnliches. Wir alle sind als Abbilder Gottes geschaffen worden, um zu lieben und geliebt zu werden."1

Freitag, 2. September 2016

Uralt-frischer Quell – Ein Gedanke von Hans Urs von Balthasar

Was nützt es uns heute, dass Gott sich vor 2000 Jahren in Jesus Christus gezeigt hat und was hat es mit unserem Leben zu tun?
So müssen sich wohl viele Nichtchristen (und Christen) fragen, denen nicht spontan ein tragfähiger Sinn aus der Gottesoffenbarung in Jesus Christus aufgeht. Zudem scheint sich der kirchliche Ballast theologischer Gedankengebäude aus vielen Jahrhunderten zwischen uns und dieses Ereignis zu drängen, so dass ein persönliches Angesprochensein durch Jesus Christus und seine Botschaft noch schwieriger wird.
Wenn sich in unsicheren Zeiten dann theologisch konservative Gruppen verstärkt auf den Wert kirchlicher Traditionen berufen, stellt sich die Frage, wie die Botschaft von Jesus noch als persönliches Wort an einen Menschen im Heute ankommen kann.

Donnerstag, 25. August 2016

Islam ist Sex?!?! – Über "Unterwerfung" von Michel Houellebecq

"Wie die meisten anderen Menschen wahrscheinlich auch übersprang ich die Kapitel, in denen es um die religiösen Pflichten, die Säulen des Islam und das Fasten ging, um direkt zu Kapitel VII zu springen: 'Warum Polygamie?'"1

Eigentlich sagt dieser Satz alles, was die Blickrichtung und den Stil des vieldiskutierten letzten Romans von Michel Houellebecq angeht. Neben der (mehr oder weniger) subtil ironischen Haltung zu inhaltlichen religiösen Fragen geht es vorrangig um Sex. Dem französischen Klischee entsprechend kommt natürlich auch die Darstellung der Vorzüge alkoholischer Getränke und der französischen und arabischen Küche nicht zu kurz, aber was den Ich-Erzähler eigentlich bewegt, sind nicht metaphysische Fragen, sondern das Herausgelangen aus der Sinnlosigkeit seines einsamen Akademikerlebens in einer liberalen Mehrheitsgesellschaft unserer Tage hinein in die im Roman neu sich eröffnenden sexuellen Möglichkeiten des politisch dominierenden Islam.

Montag, 8. August 2016

"Komm, wir gehen für unser Volk!" Das jüdisch-christliche Martyrium der Edith Stein

Der Gedanke vom Mit-Leiden mit Christus als dem Gekreuzigten prägte Edith Stein so sehr, dass sie als Ordensnamen Teresia Benedicta a Cruce wählte, also "Theresia, die vom Kreuz gesegnete". Darin drückte sich einerseits ihre Verehrung für Teresa von Avila aus, deren Autobiographie sie 1921 zum entscheidenden Schritt in den christlichen Glauben bewegte, andererseits bezieht sie sich mit diesem Namen auf Johannes vom Kreuz, dessen Werk sie in ihrer "Kreuzeswissenschaft" systematisch durchdeklinierte.

Schließlich aber wird ihr Name auch sprechend und ganz und gar praktisch durch ihr eigenes Sterben am 9. August 1942 in Auschwitz.
Doch klargestellt werden muss auch: Edith Stein, die Christin gewordene Jüdin, die Philosophin und Karmelitin, wird ermordet, weil sie Jüdin war, nicht weil man ihr Christsein bestrafen wollte. Insofern ist sie eines der vielen Opfer des Rassenantisemitismus der Nationalsozialisten, der auf das Bekenntnis nicht achtete, sondern nur auf die biologische Herkunft.

Sonntag, 7. August 2016

"Bleib treu und geh." Über Polens katholische Kirche – Ein Nachtrag zum Weltjugendtag

Gerade bin ich aus Krakau zurückgekommen.
Der Weltjugendtag war bei unserer Ankunft zwar schon vorbei, aber die Atmosphäre der Stadt war durch noch umherziehende Pilgergruppen, Tanzgesänge des Neokatechumenats und vor allem die allgegenwärtige Beschilderung noch noch stark geprägt von diesem Ereignis.
Schon im letzten Jahr hatte ich einige Reflexionen zur aktuellen innenpolitischen Rolle der Kirche geschrieben, jetzt möchte ich noch einen weiteren kurzen Blick auf die besondere Rolle der katholischen Kirche in Polen werfen.

Mittwoch, 27. Juli 2016

"Das sind Dinge, die ich rette!" Andere Logiken in "Die Kindheit Jesu" von J.M. Coetzee

Eines der anregendsten und spannendsten Bücher der letzten Jahre ist das!
Dank der Sprachkraft des Nobelpreisträgers J. M. Coetzee wird man bei der Lektüre in eine Geschichte voller Dramatik und existenzieller Fragestellungen gezogen, die das eigene Denken anregt und Erhellendes über Jesus und sein Selbstbewusstsein andeutet.
Zugleich bleibt die Erzählform seltsam nüchtern und gegenüber den eigenen Charakteren ambivalent. Augenscheinlich liegt Coetzee daran, eine gewisse Distanz aufrecht zu erhalten, wodurch das über die konkreten Begebenheiten hinausführende Nachdenken angeregt wird.

Mittwoch, 20. Juli 2016

Planungen für ein neues Deutschland. Christliche Widerstandsmotivation im Kreisauer Kreis

Der 20. Juli 1944 hat sich im öffentlichen Gedächtnis nicht nur mit Stauffenbergs Attentat auf Hitler, sondern auch ganz allgemein mit dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus verbunden. Dabei gab es neben dem eher aristokratisch-konservativen Widerstand um Stauffenberg auch andere Gruppen, die eher kommunistische, christliche oder sozialdemokratische Motive hatten. Der gemeinsame Nenner, auf den diese Widerstandsgruppen zu bringen sind, wären damit weder ihre Methoden, noch ihre kurz- oder langfristigen Ziele, sondern nur der Gegner.

Ein herausragendes Beispiel der Zusammenarbeit von Widerständlern ganz unterschiedlicher Herkunft und Stellung war der Kreisauer Kreis, der sich seit 1940 um den Völkerrechtler Helmuth James von Moltke sammelte. Neben Sozialdemokraten wie Julius Leber und Adolf Reichwein fanden sich dort evangelische und katholische Theologen wie Eugen Gerstenmaier, Harald Poelchau und Alfred Delp, aber auch adlige Militärs wie Peter Yorck von Wartenburg oder eben der Jurist Moltke selbst. Abwägend-zurückhaltende Kontakte zum konservativen Goerdeler-Kreis bestanden ebenso wie zur Stauffenberg-Gruppe.

Samstag, 16. Juli 2016

Spaltung vs. Abgrenzung. Eine Frage auch für Jesus

Panzer rollen auf den Straßen. Bewaffnete Uniformträger patrouillieren. In der Türkei standen sich heute Nacht putschende Militärs und erdogantreue Zivilisten im Ringen um die Vorherrschaft im Land gegenüber.
Unfassbar eigentlich in einem Staat, der die EU-Mitgliedschaft jedenfalls pro forma noch anstrebt. Und was Nachrichtensendungen immer wieder konstatieren, ist eine von Kurdenkrieg und Autoritarismus gespaltene Gesellschaft.
Eine solche Tendenz zur Spaltung zeigt sich unter verschiedenen Voraussetzungen dieser Tage ja allerorten: Österreich und seine Präsidentenwahl, Großbritannien und sein Brexit-Votum, die EU und ihre Flüchtlingspolitik, der Islamistische Terror gegen alle, die USA und ihre Rassenfrage, Polen und Ungarn und ihr nationalistischer Rollback, und nicht zuletzt Deutschland mit Pegida und AfD ...

Freitag, 15. Juli 2016

Immerwährendes Gebet vor dem Abgrund - "Die Markus-Version" von Péter Esterházy

Kurz vor seinem gestrigen Tod habe ich das letzte Buch von Péter Esterházy gelesen: "Die Markus-Version". Es handelt sich um eine formal sehr extravagante Geschichte, in der ein sich taubstumm gebenden Junge als Ich-Erzähler von sich und seiner Familie im kommunistischen Ungarn erzählt. 

Die fromme Großmutter und die vertriebenen Großbauern, der trinkende Vater und die distanzierte Mutter, der auftrumpfende Stiefbruder und immer wieder sexuelle Gewalt werden auf gut 100 Seiten angedeutet und zu einem irrlichternden Panorama über existenzielle Fragen von Glauben und Unglauben aufgestellt. Daneben öffnet Esterházy immer wieder Teile des Geschehens auf das Markus-Evangelium hin und lässt den Ich-Erzähler in eine sehr eigenwillige Identifikation mit dem unverstandenen und leidenden Jesus gleiten.

Mittwoch, 13. Juli 2016

Glanzbrot - Anti-Lebensmittel Eucharistie

Das Brot im Glanz des christlichen Glaubens - das ist die Eucharistie in der Monstranz - hält nicht, was es zu versprechen scheint.
Denn das eucharistische Brot nährt nicht den Körper, es macht den Bauch nicht satt und ist echtem Brot auf diese Weise unähnlicher, als manche schönen Schriften glauben machen wollen.

Die Analogie vom Himmelsbrot, das uns die Speise der Engel schon hier verkosten lässt, und der Hinweis auf die biblische Geschichte von der Sättigung der 5000 sind also verfehlt. Jedenfalls dann, wenn man sich die Eucharistie als wörtliche Fortsetzung dessen vorstellt.

Samstag, 9. Juli 2016

Begegnungen mit einem blutenden Gott oder nur Dekonstruktion? "El Siglo de Oro" in der Gemäldegalerie Berlin

"Ich krieche fast hinein, aus solcher Nähe betrachte ich den am Kreuz hängenden Körper. Er ist von Nägeln durchschlagen, das Handgelenk und der Fußrücken. Rote Farbe ist aufgetragen, das ist das Blut. Auf dem Kopf eine Dornenkrone, auf dem Gesicht Blutstropfen. Ich würde sie abkratzen, doch ich habe Angst, ihn anzufassen. Gottes Sohn, das ist gefährlich."1

Solch eine emotionale Nähe zu Darstellungen des Gekreuzigten, wie sie Peter Esterhazy in seinem letzten Buch beschreibt, wirkt heute nahezu unverständlich – und doch können solche für den religiösen Gebrauch bestimmten Werke sogar im musealen Kontext eine erschreckend-berührende Kraft entfalten, wenn man beispielsweise die Skulptur des gekreuzigten Leichnams Jesu von Gregorio Fernández in der Ausstellung "El Siglo de Oro" in der Gemäldegalerie Berlin betrachtet und umschreitet. Und es gibt gleich eine ganze Reihe solcher Werke in dieser Ausstellung zu sehen.

Sonntag, 3. Juli 2016

An Hiobs Seite - Elie Wiesel zum Gedächtnis

Elie Wiesel ist tot.

Der Autor und Friedensnobelpreisträger, dem das eigene Überleben in Buchenwald und das massenhafte Sterben seines Volkes angesichts eines schweigenden Gottes zum beherrschenden Thema seiner Schriften wurde, er ist nun im Alter von 87 Jahren gestorben.

Sein aus tiefer jüdischer Frömmigkeit inspiriertes Werk verdient es nach meiner Meinung, wieder und wieder gelesen zu werden. Denn in seinen Romanen und Erinnerungen, Essays und Reden spiegelt sich das Ringen eines Versehrten um den Gott Israels mitsamt den Zweifeln am Bundesversprechen gegenüber seinem Volk, das sich im Holocaust dann so verlassen fühlte.

Donnerstag, 30. Juni 2016

"Ich habe zu knien begonnen" – Ringen um den Glauben in "Gott braucht dich nicht"

Esther Maria Magnis erzählt ihre persönliche Geschichte mit und ohne und wieder mit Gott – und dabei wirft sie eine Unzahl philosophischer, existenzieller, theologischer Fragen auf, die sie in souverän eigener und eindringlicher Sprache präsentiert.
Kurz: ein Lesegenuss, der herausfordert und der, trotz mancher kleinen Längen, eine äußerst empfehlenswerte Lektüre für alle Glaubenden und mit Gott Ringenden ist. Formal handelt es sich dabei um einen Hybriden: neben essayistische Passagen treten Erinnerungen, neben Kommentaren zu grundsätzlichen Fragen stehen poetische oder romanhafte Passagen.

Freitag, 24. Juni 2016

"Bis ins Wurzelwerk" - Brexitlyrik

Nun ist es also geschehen.
Das britische Wahlvolk hat mit knapper Mehrheit für den Austritt seines Landes aus der EU gestimmt. Der Vertrag, der Europas Völker zusammenführen wollte, wurde konterkariert und hat zu einer Abstimmung über Geld und Handel, voller Selbstbehauptungsdrang und Misstrauen geführt.

Dabei gibt es wenig, was Menschen in der abendländischen Geschichte mehr geprägt hat, als der Gedanke vom Bund – sei es der Bund einzelner Menschen, der Bund zwischen Völkern oder der Bund Gottes mit den Menschen.

Dienstag, 21. Juni 2016

Degradierung Gottes zum Bettler

Das passiert mir nicht so oft: Ich hänge noch etwas an einer meiner eigenen Formulierungen fest. Denn auf die Frage, wer Jesus für mich ist, schrieb ich unter anderem, dass er ein "Bettler am Rande meines Alltags“ sei.

Und je länger ich dem nachhänge, desto mehr muss ich zugeben, dass es nicht selten genau so ist: Gott steht am Rande meines alltäglichen Lebens und ich lasse ihn dort stehen. Da steht er und bittet, dass ich ihm Zeit schenke, damit er an meinem Leben teilhaben kann. Ich aber erkenne seinen Anspruch nicht an – oder ignoriere ihn.