Wäre dieses Sonntagsevangelium (Joh 3,14-21) eine Muschel, so hieße die Perle in ihm:
dass er seinen einzigen Sohn hingab,
damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht,
sondern ewiges Leben hat.“ (v16)
Wäre dieses Sonntagsevangelium (Joh 3,14-21) eine Muschel, so hieße die Perle in ihm:
dass er seinen einzigen Sohn hingab,
damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht,
sondern ewiges Leben hat.“ (v16)
Vor ein paar Tagen wurde ich gebeten, für einen Pfarrbrief ein paar Worte zu meiner seelsorglichen Arbeit zu verfassen.
Hier sind sie auch für den Blog:
Im fantastischen Logos-Hymnus vom Anfang des Johannes-Evangelium wird die ganze Weihnachtsgeschichte noch einmal in eher philosophischen Worten präsentiert. Auffällig ist dabei, dass im griechischen Text zwischen lauter abstrakten Vokabeln wie Anfang, Wort, Leben und Licht auch vom Zelten die Rede ist.
Als ich im Laufe des Jahres über ein Thema für diesen Blog-Adventskalender nachdachte, kam mir schnell der Gedanke an Heilung und Heil. 2020, so dachte ich, braucht an seinem Ende eine Pause – eine Zeit, um zu heilen.
Nun ist es leider anders gekommen: Wir können uns (in der Mehrzahl) noch nicht darauf konzentrieren, die Krankheit hinter uns zu lassen, sondern müssen uns weiter vor der Ansteckung und dem Krankwerden schützen. Die fortwährenden Einschränkungen während des Lockdown light haben keinen adventlichen Glanz, auch wenn sie, ganz wie der Advent, vorbereiten sollen auf ein schönes Weihnachtsfest.
Wir haben sie gerade nötiger denn je – eine Kirche der Hoffnung, von der Monika Renz in ihrem aktuellen Buch träumt.
Denn angesichts der Aufdeckung von massiver Vertuschung sexueller Gewalt durch Bischöfe und andere Personalverantwortliche klingen die ernsten Fragen der Theologin und Therapeutin fast schon absurd:
"Kann eine Kirche von morgen zu Erfahrung von Würde und Identität beitragen? ... Hat Kirche im Brennpunkt 'Leiden' etwas zu sagen? ... Hat Kirche uns im Thema Urangst und Entfremdung etwas zu sagen?"1
So wie Renz diese Themen aus- und weiterführt, will sie ein Gegenbild zur tatsächlich erfahrenen Realität der Kirche aufbauen. Es geht ihr um eine Kirche, die klar auf existenzielle Sehnsüchte und Bedürfnisse der Menschen antworten kann, die zu den genannten Fragen nach Würde, Identität, Leiden oder Entfremdung Stellung nimmt, indem sie sich auf die Seite der Fragenden und Leidenden stellt.
Dies ist das Gegenstück zum letzten Beitrag. War ich dort skeptisch, bin ich hier euphorisch, habe ich dort die kritische Zurückhaltung geprobt, erhoffe ich hier einen Fortschritt.
Denn bei Martin können wir sehen, wie Bischofsernennungen auf katholisch auch funktionieren können. Nicht von oben, aus Rom, käme dann das Machtwort, sondern von unten, aus dem Volk Gottes, würde ein Bischof legitimiert.
Martin, der Soldat, der zum Einsiedler geworden war, wurde nach dem Tod des vorherigen Bischofs von Tours vom Volk gesucht, damit er, der heilige Mann aus der klösterlichen Abgeschiedenheit, der neue Bischof werde. Die Legende erzählt, dass Martin gar nicht wollte und sich sogar im Gänsestall versteckte, bis die Gänse ihn durch ihr Geschnatter verrieten.
Theoretisch weiß jeder, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Trotzdem fallen wir immer wieder auf Blender herein.
In der katholischen Kirche ist das in den letzten Jahren auch bei einigen Gründern Geistlicher Gemeinschaften und Orden der Fall gewesen: der lang protegierte Gründer der Legionäre Christi Marcial Maciel mit seinen diversen Liebschaften und Kindern oder ganz aktuell der des vielfachen Missbrauchs beschuldigte Gründer der Schönstattbewegung Josef Kentenich sind besonders populäre Beispiele dafür, wie Charisma und religiöse Schönrederei den Blick für die dunklen Stellen getrübt haben.
Die Sozialpsychologie bezeichnet dieses Phänomen als "Heiligenschein" oder "Halo-Effekt":
Heute reisen Menschen aus ganz Polen nach Warschau, um dort gegen die Entscheidung des Verfassungsgerichts in Sachen Abtreibungsrecht demonstrieren. Rechte Gruppen, Hooligans, Polizei und Militär wollen sich entgegenstellen. Gewalt liegt in der Luft.
Angesichts dessen bin ich (auch nach meinem letzten Beitrag) sehr froh, dass es in der polnischen katholischen Kirche eine erstaunliche Vielfalt und Fähigkeit zur Abwägung gibt, an die ich angesichts der aufgeheizten Situation schon fast nicht mehr geglaubt hätte.
Ich mache keinen Hehl aus meiner Ratlosigkeit.
Wenn ich nach Polen schaue, dann sehe ich eine autoritäre Regierung, die seit Jahren unverhohlen den Rechtsstaat zerstört und den öffentlichen Diskurs unangenehm polarisiert. Dabei hat sie oft konservative Kirchenführer auf ihrer Seite. Als liberal empfindender Mensch spüre ich regelmäßig Abscheu, wenn ich die vielen politischen Tiefschläge sehe und wahrnehme, wie parteiisch sich die Bischöfe oft verhalten.
Die Verschärfung des Abtreibungsrechts durch das von Parteigängern der Regierungspartei PiS besetzte Verfassungsgericht scheint in die Linie zu passen. Seit Tagen protestieren nun Polinnen und Polen auf den Straßen, in den Kirchen und heute auch im Sejm, dem Unterhaus des polnischen Parlaments. Sie sehen dieses Vorgehen als Kriegserklärung an.
Während ich noch in den Briefen des altkirchlichen Bischofs Ignatius von Antiochien blätterte und anfing, die ganz unten stehenden Gedanken in den Computer zu tippen, fiel mir ein Kapitel aus seinem Brief an die Magnesier ins Auge, in dem er das Motiv der Münzen aus dem morgigen Evangelium (Mt 22,15-21) variiert – und das sich darum viel besser für einen Beitrag an diesem Tag eignet.
Im fünften Kapitel schreibt der Märtyrerbischof:
"Es gibt zwei
Möglichkeiten: Tod oder Leben, und jeder wird dorthin gelangen,
wohin er gehört.
Es gibt ja auch zwei
Sorten Münzen, die einen gehören Gott und die anderen der Welt. Und
jede Münzsorte weist eine besondere Prägung auf. So tragen die
Ungläubigen die Prägung dieser Welt – die aber glauben, tragen
die Liebe als Prägestempel Gottes, des Vaters, den Jesus Christus
uns aufgedrückt hat. An seinem Leiden haben wir nur Anteil, wenn wir
uns freiwillig dafür entscheiden, nach dem Vorbild seines Leidens zu
sterben."1
Ich will das auch ausprobieren: Etwas versprechen und dann das Gegenteil davon tun.
So wie mit dem Titel dieses Posts. Vielleicht wird nichts von dem dort Angekündigten in diesem Beitrag auftauchen.
Was macht das mit dir? Was macht das mit einer Person, die diese große Ankündigung liest und deren Erwartungen dann enttäuscht werden?
Ist sie enttäuscht? Oder eigentlich nicht sonderlich überrascht? Lacht sie? Oder hört sie auf mit Lesen?
Das weiß ich alles nicht.
"Boże Ciało" heißt übersetzt Leib Gottes, verstanden als Leib Christi. Deshalb ist die Übersetzung des polnischen Films "Boże Ciało" (2019) mit dem lateinischen "Corpus Christi" für die deutsche Vermarktung richtig.
Aber "Boże Ciało" heißt auch noch etwas anderes. Es ist nämlich der volkstümliche polnische Name für das "Fest des heiligsten Leibes und Blutes Christi", das im deutschen Sprachraum in der Regel "Fronleichnam" genannt wird.
Wenn polnische Zuschauer sich den Film von Jan Komasa ansehen, werden sie darum sicher auch an besagtes Fest denken, an dem die Handlung des Filmes zu einem Höhepunkt kommt. Mit dem für Deutschland gewählten Titel gerät die zweite Bedeutung stärker in den Blick. Leider geht dabei aber die Doppeldeutigkeit, die dem polnischen Titel eignet, verloren.
Worum geht es im Film nun?