Donnerstag, 14. Dezember 2017

KinderStück 14 – Lächerlich und kindisch?

In John Williams' Roman "Augustus" wird der gleichnamige römische Kaiser aus den unterschiedlichsten Perspektiven dargestellt, Freunde wie Feinde kommen zu Wort. Am Ende steht ein Brief aus seiner eigenen (fiktiven) Feder an seinen jüdischen Freund Nikolaos, in dem der scheidende Kaiser über sein Leben und Denken reflektiert.
Auch über die Liebe schreibt er ausführlich. Unter anderem dies:

Auf einer Ebene.
Sitzmöbellager, Neukölln, Berlin, 2017.
"Ein Kind zu lieben ist vielleicht die reinste Form dieses Mysteriums, denn im Kind stecken Potentiale, die man sich kaum vorzustellen vermag, ein vom Beobachter weitestmöglich entferntes Ich. Meine Liebe für meine adoptierten Kinder wie für meine Enkel war Anlass für manch Amüsement bei jenen, die mich kennen und wurde für die Schwäche eines ansonsten rationalen Mannes gehalten, für die sentimentale Neigung eines eigentlich verantwortungsvollen Vaters. Ich habe dies nie so gesehen."1

Die Liebe will uns aus unserer eigenen Enge herausführen, von uns selbst weg und zum Anderen hin, um selbst anders zu werden.
Es mag manchmal lächerlich erscheinen, zu einem Kinde in diesem Sinne liebevoll zu sein und sich auf seine Stufe zu stellen.
Aber der Ausbruch aus der eigenen Erwachsenen-Welt ist mitunter nötig, um dadurch erneuert zu sich zu kommen.
Dazu will der Advent anregen.


1   J. Williams, Augustus. München 2016, 429.