Der Jesuit Alfred Delp wurde im Rahmen
der Verhaftungen nach Stauffenbergs gescheiterten Attentat auf Hitler
verhaftet und über längere Zeit in der Haftanstalt Berlin-Tegel
inhaftiert.
Vor seiner Hinrichtung am 02. Februar
1945 in Berlin-Plötzensee konnte er den Kontakt mit Mitbrüdern,
Unterstützern, Freunden durch seine vom Tegeler Gefängnispfarrer
Harald Poelchau geschmuggelten "Kassiber" halten.
Am 22. Dezember 1944 schreibt er:
Vom Seil herab. Grundschule St. Marien, Neukölln, 2016. |
"Und jetzt feiern wir
Weihnachten. Jawohl, es werden trotz allem oder gerade deswegen
schöne Weihnachten sein. Echt und unverstellt, die Kulissen sind
weg, und der Mensch steht heute unmittelbar vor den letzten
Wirklichkeiten. Die Idylle hat der Blitz verbrannt, der uns
gezeichnet hat. [...]
Ich glaube, aus all dem heraus
werden wir wache und gesegnete Stunden beim Kinde haben. Diese
Widerlegung all unserer Anmaßung, diese Pensionierung all unserer
Wichtigkeit. Die Ohnmacht auf dem Seil ist eine Erziehung zum
Verständnis des Kindes.“1
Gesegnete Stunden beim weihnachtlichen
Kind können wir also durch unverstellte Klarheit und Wahrhaftigkeit
erleben. Der unverstellte Blick auf uns selbst zeigt uns, dass wir
zwar viele Kulissen durch unser Leben schieben, aber die vorgespielte
Idylle irgendwann nicht mehr hält.
Weihnachten bedeutet dann, mit Blick
auf das hilflose Kind in der Krippe auch die eigene Hilflosigkeit vor
Gott zu bejahen. Auf diese Weise werden wir Gott im Kind verstehen
lernen.
1 A.
Delp, Kassiber. Aus der Haftanstalt Berlin-Tegel. Frankfurt. a.M.
1987, 53f.