Samstag, 2. Dezember 2017

KinderStück 2 - Vermehrung der Unerwünschten

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten sind Rainer und Gudrun Trutz in die Sowjetunion geflohen. Christoph Hein beschreibt in "Trutz" ihr Leben und das ihres Kindes Maykl in den politischen Wirren des 20. Jahrhunderts. Kurz nach der Ankunft in Moskau, noch fast ohne Sprachkenntnisse und unsicher, wie ihr Leben überhaupt gelingen soll, wird Gudrun schwanger. Rainer ist geschockt:

Kindernahrung?
Couscous, Neukölln, Berlin, 2017.
"Ich bin noch gar nicht ..., ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. An ein Baby habe ich überhaupt noch nicht gedacht. Können wir uns denn ein Baby leisten? Wir haben keine Arbeit, überall, wo ich hingehe, bin ich falsch am Platz oder unerwünscht. Wie sollen wir ein Baby ernähren, wenn wir nicht einmal wissen, wie und wovon wir leben sollen? Ich weiß nicht, Gudrun, aber ein Baby, das ängstigt mich. Das schaffen wir nicht, Gudrun, noch nicht."1

Die "Falschen" und "Unerwünschten" im Land vermehren sich. So scheint es wohl zu allen Zeiten gewesen zu sein.
Auch Jesus war ein Kind, das zur Unzeit kam.
Seine Eltern waren sicher genauso voller Sorgen. Mit einem Kind stehen noch mehr Nöte und ganz neue Ungewissheiten ins Haus.
Und trotzdem lassen sich Menschen in aller Angst auf das neue Leben ein – im Vertrauen, dass es doch gelingen kann!


1   C. Hein, Trutz. Frankfurt a.M. 2017, 160.