Montag, 4. Dezember 2017

KinderStück 4 - Was wäre ohne mich?

Der amerikanische Schriftsteller Richard Ford erinnert sich in "Zwischen ihnen" an seine Eltern, die ihr erstes und einzigen Kind erst in vorgerücktem Alter und 15 Jahre nach ihrer Eheschließung bekamen:

Bin ichs?
Kinderschatten, Neukölln, Berlin, 2017.
 "Es ist, neben allem anderen, was es noch sein könnte, erst mal ein Luxus, ein spätes Kind und ein Einzelkind zu sein, denn beides lädt einen dazu ein, allein und ungestört über die Zeit des ganzen Vorgeschehens zu spekulieren – das lange Leben der Eltern, an dem man keinerlei Anteil hatte. Ich finde es faszinierend, darüber nachzudenken, wie ihr Lebensweg ohne mich hätte verlaufen können: Scheidung, noch früherer Tod, Entfremdung. Aber vielleicht auch größere Nähe, Intimität, Zusammensein in einer Weise, die sich nicht kategorisieren lässt."1

Was wäre, wenn...?
Angesichts der Tatsächlichkeit der Realität vielleicht eine sinnlose Frage – aber sicher eine interessante. Wie würde die Welt ohne mich aussehen?
Für uns Christen ebenso ein spannendes Gedankenspiel: Wie sähe unser Leben aus, wenn die Geburt Jesu darin keine Rolle spielte, für uns nicht stattgefunden hätte?
Ein Advent ohne Andenken an das Kind.
Welche Worte dann auf unser Leben passen würden, steht zwischen "Entfremdung" und "größere Nähe" – oder auch ganz woanders.


1   R. Ford, Zwischen ihnen. München 2017, 25.