Samstag, 16. Dezember 2017

KinderStück 16 - Gut, dass sie vorbei ist!

Mascha Kaléko hat über ihr eigenes Kind ein sehr berührendes Gedicht geschrieben. 
Aber sie dichtete auch Erinnerungen über ihre eigene Kindheit, die eher das Fürchten wecken. 
In "Notizen" heißt es beispielsweise:

Novembergrau.
Mauerweg, Treptow, Berlin, 2016.
"Meine Kindheit weht zu mir herüber
Fernes Glockengeläut aus dem Nebel.

Dort ist immer November
Sehnsucht, Halsweh und Angst.

Im Keller hausen Gespenster
Der Kinderverzehrer auf dem Dach.

Die Wände der guten Stube
Mit plüschrotem Nein tapeziert
...

Meine Kindheit ein fernes Geläute
Heimweh und juckende Socken
Geküßt wurde nur auf dem Bahnhof."1

Kindsein ist nicht immer nur leicht und heiter.
Strenge, Angst und Kälte hinterlassen ihre Narben auf der Seele.
Advent kann auch heißen, Dinge zurückzulassen und sich vom Schlechten zu verabschieden, damit das neue Kind geboren werden kann.
Und wie das Beispiel der Dichterin zeigt, können trotz dieser Narben schwebende Worte und leichte Landschaften aus Sprache entstehen, die Anderen Hoffnung schenken.  


1   M. Kaléko, Mein Lied geht weiter. Hundert Gedichte. [Hg. v. G. Zoch-Westphal] 9. Aufl. München 2009, 10.11.