Wann eine wissenschaftliche Erkenntnis Bedeutung für uns gewinnt, kann vorher nicht immer mit Gewissheit gesagt werden. Bei der Entwicklung eines Impstoffs ist die Bedeutung leicht zu erkennen, bei der Entdeckung eines neuen Sterns eventuell etwas weniger leicht.
Auch unsere Emotionen werden unterschiedlich berührt. Ob wir bewegt werden, hängt auch von uns selbst ab.
Dies vorausgeschickt, möchte ich heute ein Gedicht der verehrten Wisława Szymborska vorstellen, das in seiner Lakonie gerade gut zu meiner Stimmung passt. Es umkreist die Wirkung, die die Entdeckung eines neuen Sterns hat, es fragt nach unserer Aufmerksamkeit, nach unserem Interesse, nach unserer Bereitschaft, eine Neuigkeit zu hören.
Dienstag, 8. Februar 2022
Berührung von etwas ganz Anderem: „Überfluss“ von Wisława Szymborska
Donnerstag, 23. Dezember 2021
Erlöst er uns? Maria kurz vor der Niederkunft
„Jetzt wird’s langsam wirklich eng. Ich habe das Gefühl, mein Bauch könnte jeden Moment platzen.
Immerhin haben wir es schon nach Jerusalem geschafft.
Aber diese Stadt ist echt anstrengend – zum Glück müssen wir nicht hier zur Zählung aufs Amt.
Allein die hohen Häuser sind ja eine Zumutung! Und dann die Leute! Ohne Rücksicht rennen die hier durch und rempeln sich durch den Tag!
Sonntag, 28. März 2021
Palmsonntag – Alles Leiden unserer Zeit in einer Woche
Mit dem Palmsonntag beginnt die Heilige Woche, die in Karfreitag und Ostersonntag, in Leiden, Tod und Auferstehung Jesu gipfelt.
Die Doppelgesichtigkeit der kommenden Festtage spiegelt sich auch in der heutigen Liturgie:Wir gehen in die Leidenswoche, aber wir feiern am Sonntag Auferstehung.
Wir hören vom triumphalen Einzug Jesu, aber auch von seiner Leidensgeschichte in der Passion.Und in diesem Jahr ganz besonders:
Wir können gemeinsam in der Kirche Gottesdienst feiern, aber nicht lang und festlich und mit Gesang, sondern nur mit Maske, ohne Friedensgruß und ohne Lieder.
Donnerstag, 24. Dezember 2020
Heilszeit 24 – Name in "Die Stille" von Don DeLillo
Während des Super-Bowl-Sonntags sitzen
Max und seine Frau Diane mit ihrem ehemaligen Studenten Martin
zusammen, um das Spiel zu schauen – als der Strom ausfällt.
Jeder
reagiert anders auf die Lage. Während Max trinkt und auf den stummen
Fernseher starrt, zitiert Martin aus Einsteins Werken. Dann entspinnt
sich ein Gespräch zwischen ihm und Diane.
Freitag, 18. Dezember 2020
Heilszeit 18 – Ganzheit in "Hölderlins Geister" von Karl-Heinz Ott
Ganzheit und allumfassenden Sinn wünschte sich der Dichter Friedrich Hölderlin. Davon raunt es in nahezu all seinen Werken, wie Karl-Heinz Ott in "Hölderlins Geister" breit auffächert. Unter Bezugnahme auf Hölderlins Zeitgenossen, Vorläufer und spätere Nach-Denker zeigt Ott die mystisch-mythischen Vorstellungen Hölderlins auf – und ihre Grenzen.
Dienstag, 15. Dezember 2020
Heilszeit 15 – Lachen in "Picknick im Dunkeln" von Markus Orths
Die Geschichte dieses Romans ist denkbar absurd: In einer dunklen Welt treffen sich der Komiker Stan Laurel und der Theologe Thomas von Aquin. Sie lernen sich langsam kennen und versuchen herauszufinden, was sie in diese komische Lage vollkommener Finsternis gebracht hat. Dabei lernen beide etwas – über den jeweils anderen, aber auch über sich selbst. Gegen Ende des Buches spürt der Theologe eine ungeahnte Macht in sich:
Samstag, 12. Dezember 2020
Heilszeit 12 – Soldat in "Mädchenleben oder Die Heiligsprechung" von Martin Walser
Walser beschreibt die eigenwillige Sirte, deren Vater sich schon zu Lebzeiten um ihre Heiligsprechung müht. In einzelnen Episoden und Miniaturen werden Teilansichten von Sirtes Wesen aufgedeckt:
Dienstag, 1. Dezember 2020
Heilszeit 1 – Wasser in "Der Regenkönig" von Saul Bellow
Der titelgebende Held Henderson macht sich auf eine Reise zu sich selbst und reist dafür nach Afrika. Die Begegnung mit den Stämmen fernab der westlichen Zivilisation offenbart dem amerikanischen Millionär sein "grun-tu-molani" – übersetzt "ich darbe nach Leben". Dieses Motiv des Durstes nach Leben verbindet sich auf der Rückreise mit dem Bild des Wassers:
Mittwoch, 11. November 2020
Vox populi 2. Wie der heilige Martin zum Bischof wurde
Dies ist das Gegenstück zum letzten Beitrag. War ich dort skeptisch, bin ich hier euphorisch, habe ich dort die kritische Zurückhaltung geprobt, erhoffe ich hier einen Fortschritt.
Denn bei Martin können wir sehen, wie Bischofsernennungen auf katholisch auch funktionieren können. Nicht von oben, aus Rom, käme dann das Machtwort, sondern von unten, aus dem Volk Gottes, würde ein Bischof legitimiert.
Martin, der Soldat, der zum Einsiedler geworden war, wurde nach dem Tod des vorherigen Bischofs von Tours vom Volk gesucht, damit er, der heilige Mann aus der klösterlichen Abgeschiedenheit, der neue Bischof werde. Die Legende erzählt, dass Martin gar nicht wollte und sich sogar im Gänsestall versteckte, bis die Gänse ihn durch ihr Geschnatter verrieten.
Montag, 9. November 2020
Vox populi – vox Dei? Gedanke am 9. November
Mit der Stimme des Volkes ist es so eine Sache.
Doch der andere 9. November, der von
1938, erinnert uns daran, wie aufgepeitschte Massen in einer
angeblich spontanen, dabei von den Nationalsozialisten gesteuerten
und organisierten gewalttätigen Aktion jüdische Geschäfte und
Synagogen zerstörten. Das deutsche Volk war anscheinend scharf
darauf, es seinen jüdischen Mitbürgern mal so richtig zu zeigen.
Samstag, 17. Oktober 2020
Unter Gottes Prägestempel. Ignatius von Antiochien und die zwei Münzen
Während ich noch in den Briefen des altkirchlichen Bischofs Ignatius von Antiochien blätterte und anfing, die ganz unten stehenden Gedanken in den Computer zu tippen, fiel mir ein Kapitel aus seinem Brief an die Magnesier ins Auge, in dem er das Motiv der Münzen aus dem morgigen Evangelium (Mt 22,15-21) variiert – und das sich darum viel besser für einen Beitrag an diesem Tag eignet.
Im fünften Kapitel schreibt der Märtyrerbischof:
"Es gibt zwei
Möglichkeiten: Tod oder Leben, und jeder wird dorthin gelangen,
wohin er gehört.
Es gibt ja auch zwei
Sorten Münzen, die einen gehören Gott und die anderen der Welt. Und
jede Münzsorte weist eine besondere Prägung auf. So tragen die
Ungläubigen die Prägung dieser Welt – die aber glauben, tragen
die Liebe als Prägestempel Gottes, des Vaters, den Jesus Christus
uns aufgedrückt hat. An seinem Leiden haben wir nur Anteil, wenn wir
uns freiwillig dafür entscheiden, nach dem Vorbild seines Leidens zu
sterben."1
Mittwoch, 9. September 2020
"Boże Ciało" heißt Leib Christi. Eine theologische Filmkritik
"Boże Ciało" heißt übersetzt Leib Gottes, verstanden als Leib Christi. Deshalb ist die Übersetzung des polnischen Films "Boże Ciało" (2019) mit dem lateinischen "Corpus Christi" für die deutsche Vermarktung richtig.
Aber "Boże Ciało" heißt auch noch etwas anderes. Es ist nämlich der volkstümliche polnische Name für das "Fest des heiligsten Leibes und Blutes Christi", das im deutschen Sprachraum in der Regel "Fronleichnam" genannt wird.
Wenn polnische Zuschauer sich den Film von Jan Komasa ansehen, werden sie darum sicher auch an besagtes Fest denken, an dem die Handlung des Filmes zu einem Höhepunkt kommt. Mit dem für Deutschland gewählten Titel gerät die zweite Bedeutung stärker in den Blick. Leider geht dabei aber die Doppeldeutigkeit, die dem polnischen Titel eignet, verloren.
Worum geht es im Film nun?
Mittwoch, 2. September 2020
Ganz großes Theater. "Jesus kommt" von Nora Gomringer
Montag, 20. Juli 2020
Widerstand und Solidarität. Bonhoeffer entscheidet sich für beides
Freitag, 17. Juli 2020
Umarme das Unkraut! Ein Gleichnis Jesu gegen den Strich gelesen
Montag, 6. Juli 2020
Wer ist wirklich Christ? Vom christlichen Glauben als Asylgrund
Freitag, 26. Juni 2020
Die schmuddelige Inkarnation nicht abschütteln. Oder: Sein Kreuz auf sich nehmen. Notiz zu Mt 10,37-42
Das widerspricht allerdings dem verbreiteten Missverständnis, dass Religion eine Art Beruhigungspille sei. Außerdem entspricht es nicht unserem Bedürfnis, dass es uns möglichst oft und möglichst lang möglichst gut geht.
Mittwoch, 24. Juni 2020
Samstag, 20. Juni 2020
Fürchte dich nicht! Du bist ein wertvoller Mensch
Es sollte nicht an einer Uniform oder einer Hautfarbe hängen!
Freitag, 19. Juni 2020
„…eine unglaubliche Energie oder Strahlung…“ Pierre Teilhard de Chardin und das Herz Jesu
Aber ich bin damit nicht allein: auch Teilhard de Chardin hat sich kritisch gegenüber den Ausdrucksformen dieser Frömmigkeit geäußert – und es zugleich geschafft, eine innere Erweiterung des Festinhalts zu denken, die mich versöhnlicher stimmt.