Mitten in die Gedanken über einen verstorbenen Freund und die Gestaltung der Trauer um ihn streut Sigrid Nunez eine Erinnerung ihrer Ich-Erzählerin:
"Während
der Zeit in meiner Kindheit, als ich am liebsten Märchen las, hatte
ich einen Nachbarn, der blind war. Obwohl er ein erwachsener Mann
war, lebte er noch bei seinen Eltern. Seine Augen waren immer hinter
großen dunklen Gläsern verborgen. Es verwirrte mich, dass ein
Blinder seine Augen vor dem Licht schützen musste. Der Rest seines
Gesichtes war zerfurcht und sah gut aus, wie das des Scharfschützen
in Westlich von Santa Fé.
Er hätte ein Filmstar oder Geheimagent sein können, doch in der
Geschichte, die ich über ihn schrieb, war er ein verletzter Prinz
und es waren meine Tränen, die ihn retteten."1
Heil im Graubraun.
Wartenberg, 2020.
Adventsmeditation für heute:
Die Sehnsucht, einen Menschen heilen zu
können, ist eine naiv-romantische und zugleich sehr sympathische
Haltung.
Darum: Wen möchte ich heilen?
Ich bitte Gott heute
besonders für diese Person.
(Eine weitere Fundstelle aus diesem Buch hier)
1 S. Nunez, Der Freund. 3. Aufl. Berlin 2020, 24.
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