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Montag, 7. Dezember 2020

Heilszeit 7 – Abschied in "Serpentinen" von Bov Bjerg

Das Erzähler-Ich dieses Buches ist geprägt von Selbstzerstörungsimpulsen und dem Leiden an einer kaputten Familie. Dazwischen blitzen immer wieder Momente einer Versöhnung auf – aber auch Gewaltfantasien. Wie in Serpentinen geht es hin und her, manchmal haarscharf am Kollaps vorbei.

So wie hier, wo es am Ende zu einer hellsichtigen Erinnerung kommt:

Freitag, 4. Dezember 2020

Heilszeit 4 – Schmerz in "Wilde Freude" von Sorj Chalandon

Jeanne hat Brustkrebs und kämpft auf verschiedenen Ebenen - gegen den Krebs und alles, was er in ihrem Leben anrichtet. Besonders leidet sie darunter, dass ihr Mann sie verlassen hat, weil ihn der Krebs und die Folgen der Chemotherapie für seine Frau überfordert haben.

Jeanne kommt an ihre Grenzen:

Mittwoch, 2. Dezember 2020

Heilszeit 2 – Auge in "Fräulein Nettes kurzer Sommer" von Karen Duve

Festlich gekleidete Menschen, die Geburt eines Kindes, der Blick durch ein Fernrohr – es gibt Tage, die scheinen voll zu sein von Futter für das Auge.

Heinrich Straube, ein Freund der titelgebenden Annette von Droste-Hülshoff in Karen Duves Roman, ist durch ein Unglück am Auge verletzt worden. Nach einigen Tagen der Rekonvaleszenz in seinem Zimmer geht er wieder hinaus und genießt das Sehen neu. Am Ende fasst die Autorin wie folgt zusammen:

Dienstag, 1. Dezember 2020

Heilszeit 1 – Wasser in "Der Regenkönig" von Saul Bellow

Der titelgebende Held Henderson macht sich auf eine Reise zu sich selbst und reist dafür nach Afrika. Die Begegnung mit den Stämmen fernab der westlichen Zivilisation offenbart dem amerikanischen Millionär sein "grun-tu-molani" – übersetzt "ich darbe nach Leben". Dieses Motiv des Durstes nach Leben verbindet sich auf der Rückreise mit dem Bild des Wassers:

Sonntag, 29. November 2020

Heilszeit – Ein Adventskalender im Corona-Jahr 2020

Als ich im Laufe des Jahres über ein Thema für diesen Blog-Adventskalender nachdachte, kam mir schnell der Gedanke an Heilung und Heil. 2020, so dachte ich, braucht an seinem Ende eine Pause – eine Zeit, um zu heilen.

Nun ist es leider anders gekommen: Wir können uns (in der Mehrzahl) noch nicht darauf konzentrieren, die Krankheit hinter uns zu lassen, sondern müssen uns weiter vor der Ansteckung und dem Krankwerden schützen. Die fortwährenden Einschränkungen während des Lockdown light haben keinen adventlichen Glanz, auch wenn sie, ganz wie der Advent, vorbereiten sollen auf ein schönes Weihnachtsfest.

Freitag, 17. Juli 2020

Umarme das Unkraut! Ein Gleichnis Jesu gegen den Strich gelesen

Es gibt durchaus andere Möglichkeiten, mit Unkraut umzugehen als Jesus es tut. Da wuchert es zum Ärger der Bauern fröhlich zwischen dem guten Weizen und Jesus verbietet den Jüngern, die störenden Gewächse auszureißen. 

Der Fokus Jesu ist bei diesem Beispiel darauf gerichtet, dass nicht Menschen zu entscheiden haben, wer oder was bei Gott Ansehen findet, sondern dass es Gottes ureigene Sache ist. Außerdem neigen wir Menschen (siehe chemische Schädlingsbekämpfung) dazu, mit dem Unkraut auch noch alles andere auszurotten (vgl. Mt 13,24-30).

Doch man hätte den Fokus auch anders legen können, wie mit dem „Schlechten“ umzugehen ist, das sich da heimlich unters „Gute“ mischt.

Mittwoch, 1. Juli 2020

„Schreibt über das, was ihr seht.“ Urlaubslektüre und -impressionen

Meine aktuelle Urlaubslektüre „Der Freund“ von Sigrid Nunez ist ein Buch, in dem die Ich-Erzählerin zu ihrem verstorbenen besten Freund spricht. Verstorben ist allerdings sehr verkürzt ausgedrückt - der ehemalige Schreibdozent hat sich umgebracht. Nun versucht sie, angemessen Abschied zu nehmen. Auch, indem sie sich an seine Prämissen beim Schreiben erinnert.

Eine dieser Prämissen hat es mir besonders angetan - vielleicht auch deshalb, weil sie auf meinem Blog zu wenig vorkommt.

Statt über das zu schreiben, was ihr wisst, hast du zu uns gesagt, schreibt über das, was ihr seht. Geht davon aus, dass ihr sehr wenig wisst und nie viel wissen werdet, außer ihr lernt, zu sehen.“1

Das ist leichter gesagt als getan.

Mittwoch, 27. Mai 2020

Der Mensch, eine Maske

Wolfgang Herrndorfs ausgezeichnetes Buch „Sand“ hält auch neun Jahre nach seinem erstmaligen Erscheinen aufschlussreich aktuelle Reflexionen bereit. In diesem Fall die Gedanken eines sich am eigenen Job berauschenden Spions.
Aus diesem Mund erhellen sie auf humorvolle Weise den Zusammenhang von Masken und Verschwörungstheorien:

Sonntag, 26. April 2020

Jesus bringt keine Botschaft vom Leben nach der Auferstehung.

All die Erzählungen von den Erscheinungen des auferstandenen Jesus in den Evangelien haben eines gemeinsam: Jesu bringt keine Botschaft von der "anderen Seite":

"Stattdessen die vage Wiederanwesenheit nach drei Tagen, um die so viel Aufhebens gemacht worden ist. Die Schwierigkeiten beim Erkennen auf dem Weg nach Emmaus: Ist er das? Ist der das nicht? Warum sagt er nicht einfach: Ich bin wieder da? Fragt mich, was ihr wissen wollt! Aber vielleicht ist es Jesus nicht anders gegangen als ihm: Da war nichts, wo er gewesen ist. Nichts, woran er sich erinnert."1

Das überlegt sich der sterbende Protagonist, ein evangelischer Pfarrer, in Sibylle Knauss' Roman "Der Gott der letzten Tage".

Freitag, 17. April 2020

Schäbig, aber Zukunft. Von den Zeichen des neuen Lebens in Lutz Seilers "Stern 111"

Ostern erinnert uns daran, dass der Tod in Leben verwandelt wird.
Dass etwas, das gestorben ist, auferstehen kann in Neues.
Doch wie den Jüngern in den Evangelien, so fällt es auch uns nicht immer leicht, die Zeichen des Neuen richtig zu lesen.

Einer der es konnte, ist die Figur des jungen Carl in "Stern 111", der Ende 1989 aus Gera nach Berlin gekommen ist und in seiner besetzten Ost-Berliner Wohnung auf sein armseliges Hab und Gut schaut:

Montag, 13. April 2020

Ostermontag – Hasenbrot, das vom Leben erzählt, in "Am Tag davor"

Die Emmausjünger können ihre Trauer und ihre Verzweiflung nur schwer durchbrechen. Sie erkennen den Auferstandenen endgültig erst dann, als er mit ihnen das Brot bricht.
Auch Sorj Chalandon berichtet in "Am Tag davor", das im Milieu der französischen Bergleute spielt, von einem solchen Brot:

Sonntag, 12. April 2020

Ostersonntag – Verwechselt und trotzdem auferstanden, in "Serpentinen"

Das ist ein Osterbuch!
Zwar enthält es sehr viele karge, anstrengende, sich in sich selbst verwirbelnde Motive und Gedanken. Bov Bjerg hat die "Serpentinen" des Titels in die Handlung eingewoben.
Doch letztendlich spricht das Buch von einem großen Aufbruch: Ein Mann versucht, aus der Suizid-Spirale seines Vaters und seines Großvaters auszubrechen. Dazu wagt er mit seinem Sohn ein Experiment. Sie reisen in die schon lang verlassene Heimat und entdecken dabei nicht nur die dunkle Vergangenheit. Nein, sie erleben einige Krisen, Gefährdungen und Neuaufbrüche. 

Eine Entdeckung machen sie bei der Lektüre der biblischen Geschichte vom verlorenen Sohn (vgl. Lk 15,11-32):

Samstag, 11. April 2020

Karsamstag – Unten, im Lebenwechselraum, auf "Stern 111"

Nach dem Fall der Mauer beschließen Carls Eltern, ihr altes Leben in Gera hinter sich zu lassen und sich auf den Weg in den Westen zu machen. Ihrem Sohn übergeben sie die Verantwortung für die alte Wohnung. Mehrere Wochen bleibt er ohne Nachricht von seinen Eltern, aus dem Keller versorgt er sich mit Eingewecktem und Apfelwein.

Freitag, 10. April 2020

Karfreitag – Schläge und Tritte, voller Trauer, in "Fuchs 8"

Fuchs 8 ist ein besonderer Fuchs, der den Kontakt mit den Menschen sucht.
Sogar ihre Sprache hat er (vom Hören so einigermaßen) gelernt und er traut sich immer wieder in ihre Nähe.
Als die Menschen in ihrem Wald eine Mall errichten, beschließen Fuchs 8 und sein Freund Fuchs 7, ihr einen Besuch abzustatten. Auf dem Rückweg sehen sie zwei Arbeiter auf dem Parkplatz:

Donnerstag, 9. April 2020

Gründonnerstag – Verletzlich, mit gewaschenen Füßen, in "Das Reich Gottes"

Der Autor ringt mit dem Christentum.
Ganz besonders kämpft er mit der Frage, ob er selbst glaubt, und wie die Frühgeschichte des Christentums damit zu tun hat. Davon handelt das monumentale Buch"Das Reich Gottes" von Emmanuel Carrère.
Ganz am Ende berichtet er von der Briefbekanntschaft mit einer Leserin, Bérengère, die ihn einlädt, sich in einer "Arche" die Füße waschen zu lassen.

Mittwoch, 8. April 2020

"Ich verstehe deine Wege nicht" – Die Leere und eine neue Art Gottesdienst mitten in der Karwoche

1.
Am Montag hatte ich meine erste Chorprobe via Zoom. Sehr gewöhnungsbedürftig, wie so vieles in dieser Zeit. Dabei sangen wir auch ein Taizé-Lied mit einem Text von Dietrich Bonhoeffer, das mich seitdem begleitet:

"Gott, lass meine Gedanken sich sammeln zu dir. Bei dir ist das Licht, du vergisst mich nicht. Bei dir ist die Hilfe, bei dir ist die Geduld. Ich verstehe deine Wege nicht, aber du weißt den Weg für mich."

So geht es mir gerade im Zugehen auf auf Ostern – ich verstehe Gottes Wege nicht, aber ich hoffe darauf, dass Gott einen Sinn für uns in dieser Corona-Krise versteckt hat. Normalerweise bin ich ja immer schnell beim Deuten und Sinnsuchen (und war es hier ja auch schon), aber ehrlich gesagt stiefelt mir gerade sehr viel Zweifel im Kopf herum.

Samstag, 28. März 2020

Der Ruf, der lebendig macht. Beobachtungen zum Tod des Lazarus und zu "Der Tod Jesu"

"...manchmal erblickt er in der Gestalt eines Kindes, das über die Straße rennt oder die Treppe hochflitzt, das Bild von David und verspürt größte Verbitterung darüber, dass allein sein Kind fortgenommen werden musste, während neunundneunzig andere unbeschadet weiterspielen und glücklich sein können. Es erscheint ungeheuerlich, dass ihn die Dunkelheit verschlungen hat, dass es keinen Aufschrei gibt, kein Klagen, kein Haareraufen oder Zähneknirschen, dass die Welt sich weiter um ihre Achse dreht, als wäre nichts geschehen."1

Ein Mensch ist gestorben und es ist schwer auszuhalten, dass es niemanden groß zu kümmern scheint. Ein Einzelschicksal hebt die Welt nicht mehr aus den Fugen; gerade in diesen Tagen bestehen die Horrormeldungen vor allem in der hohen Anzahl der am Virus Gestorbenen.

Simon aus J.M. Coetzees neu erschienenem Buch "Der Tod Jesu" durchlebt das Durcheinander der Gedanken und Gefühle. Enttäuschung, Wut, Unverständnis kommen in ihm auf, als der aus "Die Kindheit Jesu" und "Die Schulzeit Jesu" bekannte Junge David von einer geheimnisvollen Krankheit langsam dahingerafft wird.

Donnerstag, 5. März 2020

Bibel-Mini 2 - Heimatloser Abraham

Es gibt in Christoph Heins Roman „Landnahme“ eine Schlüsselszene, in welcher der Nachkomme eines aus den ehemals deutschen Ostgebieten Vertriebenen nun fremdenfeindliche Parolen brüllt - und klar wird, wie kurz die Erinnerung währte. Es brauchte nur eine Generation, bis die Kinder der nach dem Krieg verunglimpften Flüchtlinge sich selbst als Herren im Lande fühlen.

In der Bibel existieren viele Stellen, die die Erinnerung daran wachhalten sollen, dass die Hörenden selbst Nachkommen eines Heimatlosen sind. Eine dieser Stellen findet sich im Buch Deuteronomium:

Samstag, 25. Januar 2020

Kafarnaum und Višegrad. Herkunft bei Jesus und Saša Stanišić

"Ich sehe zum verfallenen Haus meiner Urgroßeltern, ich verstehe so vieles nicht. Nicht, wie das Knie funktioniert. Ernsthaft religiöse Menschen so wenig wie Menschen, die Geld und Hoffnung in Magie, Wettbüros, Globuli oder Hellseherei (außer Nena Mejrema) setzen. Ich verstehe das Beharren auf dem Prinzip der Nation nicht und Menschen, die süßes Popcorn mögen. Ich verstehe nicht, dass Herkunft Eigenschaften mit sich bringen soll, und verstehe nicht, dass manche bereit sind, in ihrem Namen in Schlachten zu ziehen. Ich verstehe Menschen nicht, die glauben, sie könnten an zwei Orten gleichzeitig sein (falls das aber wirklich jemand kann, möchte ich es gern lernen)."1

So schreibt Saša Stanišić in seinem preisgekrönten Buch "Herkunft" von seiner Skepsis gegenüber bestimmten Vorstellungen von Abstammung und Herkunft. Ihn scheint das Fluide und nicht Festgelegte mehr zu faszinieren und zu überzeugen. Und ich muss sagen, dass ich mir viel von dieser Skepsis einerseits und Faszination andererseits zu eigen machen kann. Wenn auch nicht alles.

Dienstag, 24. Dezember 2019

Geliebt 24 – Telefon in "Die Liebe im Ernstfall" von Daniela Krien

Daniela Krien (die schon im Eingangstext zu Wort kam) beschreibt in mehreren ineinander verwobenen Geschichten von verschiedenen Gesichtern der Liebe. Paula und Wenzel lieben einander. Wenzel schreibt Paula regelmäßig: